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Rotten



Am Südufer des Garder-Sees liegt im Nordosten des Landkreises die Gemeinde Rotten. Das Gemeindegebiet gliederte sich in vier Teile: im Osten acht Meter über dem See die Ortschaft, davorgelagert Ackerflächen, der Ortsteil Lotken und im Westen das Rottener Moor. Weit im Süden führte die von Schmolsin kommende Chaussee vorbei nach Stolp.

Einige Angaben über die Gemeinde Rotten aus der Zeit vor 1945 in Kurzform:

Zugehörige Ortsteile: (1) Lotken

Gemeindefläche in ha 355
Wohnbevölkerung am 17.Mai 1939 81
Zahl der Haushaltungen 18
Zahl der Wohnhäuser 1925 14
Amtsbezirk Gambin
Standesamtsbezirk Gambin
Gendarmeriebezirk Groß Garde
Amtsgerichtsbezirk Stolp
Gemeindevorsteher 1931 Pranschke
Bürgermeister 1937 Bauer August Lübke
Nächste Bahnstation Dominke
Entfernung -6,5 km
Bahnlinie Gabel-Stolpmünde (Kreisbahn)
Poststelle Wittbeck
Letzte postalische Anschrift Rotten Post Wittbeck über Stolp (Pom.)

Der historischen Dorfform nach ist Rotten ein kleines Gassendorf. Es war ein altes Bandemersches Lehen, das mehrfach geteilt wurde. Schon 1460 wird Czier von Bandemer auf Rotten genannt, 1493 Claus, 1523 ein Clawes Bandemer tom rotten in dritter Generation und 1569 und 1575 Christoph belehnt. Die Hufen-Klassifikation von 1717 enthält die Eintragung:

Besitzer: Capt. Niclaus von Bandemer, und Valentin von Bandemer. Halbbauern à ¼ Lh.: 1. Christian Brantzke, 2. Schwentus Brantzke, 3. Matthias Nofke sen., 4. Mat­thias Nofke jun. Cossäthen: 1. Hanß . . .,2. Schwentus Jorden.

Um 1784 hatte Rotten zwei Vorwerke, vier Bauern, einen Kossäten auf der Feldmark des Dorfes und die am Garder-See gelegenen Fischerwohnungen Blotky, Drzon und ob de Landen, insgesamt dreizehn Feuerstellen. Es bestand aus drei Teilen, die meist innerhalb der Familie von Bandemer weitervererbt wurden. Im Jahre 1859 ging Rotten durch Kauf für 44500 Taler auf Wilhelm von Massow über, der bereits Herr auf Bandsechow, Dresow und Liepen war und als sorgfältiger Bewirtschafter seiner Güter galt. Die nachfolgenden Besitzer waren Adolf von Massow und dessen Sohn Louis. Als Louis 1909 starb, ließ sich sein Sohn Ewald als Oberleutnant für ein Jahr beurlauben, um die Bewirtschaftung der Güter Bandsechow, Dresow, Liepen und Rotten zu beaufsichtigen. Er übernahm 1910 die ersten drei Güter. Rotten erhielt im Sommer 1910 sein Bruder Gottfried. Doch bewirtschaftete Ewald Rotten weiterhin bis 1913. Danach wurde es verpachtet. Die Verhältnisse zwangen Gottfried jedoch bald nach dem Ersten Weltkrieg, das Gut an den Pächter und die Siedlung zu verkaufen. Rotten gehörte 1931 der Kreissiedlungsgenossenschaft Stolp und wurde aufgesiedelt. Zuletzt war es ein Bauern- und Fischerdorf. Im Jahre 1939 gab es in Rotten 15 land­wirtschaftliche Betriebe:

4 mit 0,5 und unter 5 ha
4 mit 5 und unter 10 ha
4 mit 10 und unter 20 ha
3 mit 20 und unter 100 ha


Im letzten Güteradreßbuch ist nur der 23 ha große Hof von Franz Behnke aufgeführt. Sein Viehbestand belief sich auf zwei Pferde, neun Stück Rindvieh und zwölf Schweine. Der durchschnittliche Grundsteuerreinertrag auf ein Hektar lag mit 6,26 RM geringfügig über dem Kreisdurchschnitt (5,95 RM).

Alle Dorfbewohner waren evangelisch. Rotten gehörte zum Kirchspiel Groß Garde und damit zum Kirchenkreis Stolp-Altstadt. Die Kinder aus Rotten besuchten die Volksschule in Wittstock.

Als die Russen sich dem Ort näherten, wurde ein Räumungsbefehl nicht mehr erteilt. Die Bewohner waren im Ort, als die Russen am 9. März Rotten aus Richtung Stolp-Gambin besetzten, Es waren keine deutschen Truppen in der Nahe, und es gab keinen Widerstand. Im Dorf befanden sich viele Trecks aus Ostpreußen, vornehmlich aus den Kreisen Braunsberg, Allenstein, Lyck und Pr. Eylau. Da Rotten innerhalb des russischen Sperrbezirks an der Ostsee lag, mußten die Bewohner das Dorf vom 1. bis 15. April verlassen. Sie fanden in dieser Zeit in Jeseritz Aufnahme. Der Bürgermeister wurde von den Russen verhaftet und später den Polen übergeben. Im August 1945 erschienen die ersten Polen, und im September wurde eine polnische Verwaltung eingerichlet. Die Polen besetzten Höfe und Häuser. Die Rottener Dorfbewohner wurden vom November 1946 bis August 1947 über die Oder vertrieben. Mit einem Transport im August 1947 wurden 16 Bewohner ausgewiesen. Die Heimatortskartei Pommern hat später 57 Einwohner in der Bundesrepublik Deutschland und 40 in der DDR ermittelt. Aus Rotten wurde das polnische Retowo.

Kriegs- und Vertreibungsverluste: 7 Gefallene und 2 Vermißte („ungeklärte Fälle").

Literatur

Genealog. Handbuch, Adelige Häuser A. Band XV 1979. S. 46-47
W. v. Massow, Die Massows, S. 270, 445, 446
Ost-Dok. 1 Nr. 174. pag. 483-486

(Quelle: "Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel)