Einige Angaben über die Gemeinde Jeseritz aus der Zeit vor 1945 in Kurzform:
Zugehörige Ortsteile: (1) Seddin, Kolonie
Gemeindefläche in ha | 621 |
Wohnbevölkerung am 17.Mai 1939 | 343 |
Zahl der Haushaltungen | 86 |
Zahl der Wohnhäuser 1925 | 32 |
Amtsbezirk | Ritzow |
Standesamtsbezirk | Ritzow |
Gendarmeriebezirk | Ritzow |
Amtsgerichtsbezirk | Stolp |
Gemeindevorsteher 1931 | Gliewe |
Bürgermeister 1937 | Oberingenieur August Täsler |
Bahnstation | Jeseritz |
Entfernung | - (ab Stolp 8,9 km) |
Bahnlinie | Stettin - Groß Boschpol - Danzig (Reichsbahn) |
Poststelle I | Jeseritz |
Letzte postalische Anschrift | Jeseritz (Kreis Stolp) |
Besitzer: . . . Cossäthen: 1. Jacob Below, 2. Jürgen Pröhm sen., 3. Jacob Bandke. 4. Ernst Treptow, 5. Marten Weller, 6. Jürgen Pröhm jun.
Im Jahre 1938 war das Rittergut 500 ha groß. Es hatte 350 ha Ackerland, 7,5 ha Wiesen, 30 ha Weiden, 80 ha Wald und 15 ha Unland, Hofraum und Wege. Der Viehbestand belief sich auf 48 Pferde, 125 Stück Rindvieh, 40 Schafe und 400 Schweine. Außer dem Gut gab es in Jeseritz 17 landwirtschaftliche Betriebe, die sich wie folgt zusammensetzten:
14 mit 0,5 und unter 5 haDer durchschnittliche Grundsteuerreinertrag auf ein Hektar lag mit 7,45 RM über dem Kreisdurchschnitt (5,95 RM).
Nach dem Reichsadreßbuch 1941/42 gab es in Jeseritz nur zwei Wirtschaftsbetriebe: die Flugzeugbau Aug. Stelling und den Gasthof mit Gemischtwarenhandlung Wilhelm Wianz.Auf dem Gelände der Kolonie Seddin wurde während des Ersten Weltkrieges ein Hafen für Kriegsluftschiffe mit einem Kostenaufwand von zehn Millionen Mark 1915/16 erbaut. Er umfaßte eine große und eine kleine Luftschiffhalle, eine Flugzeughalle, eine vollständige Wasserstoffgas-Erzeugungsanstalt, Funken-Telegraphie-Gebäude, Bombenkeller, Werkstätten, Lagerräume, unterirdische Benzinlager, Anschlußgleise, eine Wohnkolonie und was sonst dazu gehört. Zahlreiche Einsätze wurden von Seddin aus gegen die Russen an der Ostsee geflogen. In den Mittelpunkt des Weltgeschehens rückte Seddin, als von hier aus Nobile mit dem Luftschiff „Italia" in der Nacht zum 3. Mai 1928 seine unglückliche Fahrt zum Nordpol antrat. Das Luftschiff strandete bei Spitzbergen und ein Teil der Besatzung kam um.
Die Dorfbevölkerung war überwiegend evangelisch. Im Jahre 1925 hatte Jeseritz 14 Bewohner katholischer Konfession (3,9 v. H.). Es gehörte zur St.-Petri-Kirche in Stolp und damit zum Kirchenkreis Stolp-Altstadt. Die Volksschule in Jeseritz war 1932 zweistufig. Sie hatte einen Lehrer, zwei Klassen und 63 Schulkinder. Vor dem Ersten Weltkrieg hat in Jeseritz Lehrer Buchholz gewirkt und später Emil Ganz.Jeseritz erlebte im Winter 1945 jeden Tag die Durchfahrt vollbesetzter Flüchtlingszüge. Am 19. Februar frühmorgens fuhr ein Lazarettzug auf einen haltenden Flüchtlingszug auf. Im letzten Wagen des Flüchlingszuges gab es zehn Tote und 14 Verletzte - alles Ostpreußen. Als die Russen sich im März dem Dorf näherten, war eine ordnungsgemäße Räumung des Ortes nicht mehr möglich. Viele Bewohner flohen in die nahen Wälder und blieben dort für einige Nächte. Der Gutstreck wurde in Rauschendorf im Kreise Lauenburg von den Russen überrollt und Albert Jesco von Puttkamer als Treckführer am 11. März dort erschossen. Das Dorf war voll von Flüchtlingen aus Ost- und Westpreußen. Am 8. März besetzten es sowjetische Panzer. Die Russen richteten im Dorf eine Kommandantur ein. Auf der Luftschiffwerft Seddin nahm die Rote Armee umfangreiche Demontagen vor. Ihnen fielen auch die unterirdischen Anlagen für die Treibstofflagerung zum Opfer. Dann setzten sich in den Häusern und Wohnungen Polen fest und vertrieben die Bewohner. Die Heimatortskartei Pommern hat später 168 von ihnen in der Bundesrepublik Deutschland und 71 in der DDR ermittelt. Aus Jeseritz wurde Jezierzyce.
Kriegs- und Vertreibungsverluste: 6 Gefallene, 11 Ziviltote und 44 Vermißte ("ungeklärte Fälle").
(Quelle: "Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel)
(Quelle: BBF / DIPF / Archiv, Sammlungen der Gutachterstelle des BIL. Lehrerkartei und Personalbögen.)