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Stolpmünde


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Nachfolgend lesen sie die Ortsbeschreibung aus


"Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel

"Das Ostseebad Stolpmünde liegt in Ostpommern, unmittelbar an der Mündung des Stolpeflusses in die Ostsee, im Reg.-Bez. Köslin und im Kreise Stolp, von letzterer Stadt 18 km nordwestlich entfernt. Der Strand in seiner beträchtlichen Breite, mit einem feinen weißen Sand ohne alle Steine ist einer der schönsten der ganzen Ostseeküste. Kräftiger Wellenschlag!"
Diese Beschreibung stammt aus einem Prospekt aus der Vorkriegszeit. Stolpmünde war nicht nur ein bekanntes Seebad, sondern auch ein bedeutender Ostseehafen an der Küste zwischen Stettin und Danzig.

Einige Angaben über die Gemeinde Stolpmünde aus der Zeit vor 1945 in Kurzform:

Zugehörige Ortsteile: (2) Forsthaus bei Stolpmünde-Hohenhagen.

Gemeindefläche in ha 2074
Wohnbevölkerung am 17.Mai 1939 4739
Zahl der Haushaltungen 1434
Zahl der Wohnhäuser 1925 375
Amtsbezirk Stolpmünde
Standesamtsbezirk Stolpmünde
Gendarmeriebezirk Stolpmünde
Amtsgerichtsbezirk Stolp
Gemeindevorsteher 1931 Rathenow
Bürgermeister 1937 Dr. Erich Conrad
Nächste Bahnstation Stolpmünde
Entfernung -(ab Stolp 18,2 km)
Bahnlinie Stolp-Stolpmünde (Reichsbahn)
Postamt Stolpmünde 1 (Hitlerstraße 19)
Stolpmünde 2 (Schießplatz)
Letzte postalische Anschrift Stolpmünde

Der historischen Dorfform nach ist Stolpmünde ein großes Sackstraßendorf. Die Entstehung des Ortes liegt im dunkeln. Es ist anzunehmen, daß es an der Mündung der Stolpe schon in ältester Zeit eine Siedlung gegeben hat. In das Licht der Geschichte tritt der Ort jedoch erst nach Gründung der Stadt Stolp durch die Markgrafen Waldemar und Johann von Brandenburg im Jahre 1310. Drei Jahre später schenkten die Markgrafen 1313 der Stadt Stolp den Stolpe-Strom mit beiden Ufern, sowohl oberhalb wie unterhalb der Stadt und dazu auf beiden Seiten von der Stadt bis zur Ostsee "einen freien Troydelgang von fünf geometrischen Ruten". Schon daraus ergibt sich die Bedeutung, die Stolpmünde von Anfang an für die neu begründete Stadt Stolp gehabt hat. Der Urkunde vom 2. September 1337 können wir entnehmen, daß Jesko von Schlawe und Jesko von Rügenwalde der Stadt Stolp den Hafen von Stolpmünde und den Distrikt Arnshagen überließen. Es handelte sich hier wohl nicht um einen Kaufvertrag, sondern um die Anerkennung eines bestehenden Zustandes. In dieser Urkunde wird Stolpmünde zum ersten Mal genannt.

Als Hafen der Stadt Stolp, einer deutschen Rechtsstadt mit lübschem Recht, hat der kleine Küstenort in guten und schlechten Tagen das Schicksal der Mutterstadt geteilt-so wie Travemünde das der Stadt Lübeck. Es war die Bürgerschaft in Stolp, die bestimmte, was in Stolpmünde geschah. Sie baute den Hafen aus und machte ihn zum Umschlagplatz ihrer heimischen Produkte. Die wohl älteste Nachricht über den Handel der Stadt bezieht sich auf ein Schiff, das Graf Adolf von Holstein in einem Hafen der Insel Fehmarn 1356 festhielt und das durch Vermittlung der Hanse wieder freikam, wofür der Rat der Stadt Stolp der Stadt Lübeck ein Dankschreiben übersandte. Im Krieg der Hanse gegen Dänemark (1361-1370) wurde ein Verbot ausgesprochen, den Handel mit Dänemark fortzusetzen. Zu den Städten, die ungeachtet dieses Verbots den Handel auf sich zu ziehen versuchten, gehörte auch Stolp, wie dem Rezeß vom 5. Oktober 1365 zu entnehmen ist. Im September 1382 ließ sich Stolp in den die ganze Ostsee beherrschenden Städtebund aufnehmen. Im Krieg gegen die Seeräuber, die unter dem Namen der Vitalienbrüder am Ende des 14. Jahrhunderts den Handel auf der Ostsee störten, beteiligte sich auch Stolp auf seiten der Hanse gegen die Seeräuber, obwohl die Stadt dabei eine recht zwielichtige Haltung einnahm. Der Bund der Vitalienbrüder war ursprünglich ins Leben gerufen worden, um das von den Dänen belagerte Stockholm, das eine deutsche Mannschaft für den auf den schwedischen Thron berufenen Herzog Albrecht von Mecklenburg verteidigte, mit Lebensmitteln zu versorgen. Als 1395 Stockholm den Dänen geöffnet werden mußte, trieben die Vitalienbrüder von der Insel Gotland und von einigen Schlupfwinkeln an der hinterpommerschen Küste aus ihr Unwesen. Auch das kleine im Kreise Stolp gelegene Rowe gehörte dazu. Etwa um 1400 wurde dem Treiben der Seeräuber durch das gemeinsame Vorgehen des Deutschen Ritterordens, der Hanse und der Königin Margrete ein Ende gemacht.

Etwa ein Jahrhundert nach dem denkwürdigen Vertrag von 1337 erlebte Stolpmünde als Hafen der Hansestadt Stolp seine erste Blütezeit. "Es waren wohl nicht hochbordige, geräumige Koggen, sondern Schutten und Kreyer - mittlere Segelschiffe jener Zeit - die den Stolpmünder Hafen anliefen." Die überseeischen Handelsbeziehungen der Stolper Kaufleute reichten damals schon nach den Niederlanden, England, Dänemark und Schweden. Der Umschlag übertraf den der Häfen von Kolberg und Rügenwalde erheblich.

Wieder ein Jahrhundert später ging Stolps Seehandel sehr zurück. Der Wettbewerb mit der mächtig aufstrebenden Stadt Danzig, dazu die Ereignisse in der Reformationszeit brachten den Handel weitgehend zum Erliegen. Die Markgrafen von Brandenburg suchten sich einen Handelsweg nach Osten unter Umgehung von Hinterpommern. Für die Unterhaltung des Stolpmünder Hafens waren keine Mittel mehr vorhanden. Der Hafen versandete mehr und mehr. "Seine Uferbefestigungen und Molen zerfielen, und die Einmündung verflachte, so daß selbst Schiffe von geringstem Tiefgang meist auf der Reede mit Hilfe von Booten entladen oder befrachtet werden mußten" (J. Rättig).

Bis zum Ende der pommerschen Selbständigkeit dürfte der Handel nicht allzu groß gewesen sein. Aus dem Jahre 1593 wird berichtet, daß Joachim Lange, Bürger in Stolp, ein Schiff von 150 Last gebaut habe, so groß wie noch kein Schiff auf der Stolpe gebaut worden war. Das Schiff geriet auf Grund. Daraufhin wurde dem herzoglichen Vogt gemeldet, daß das Schiff die Schiffahrt und den Lachsfang störe. Anfang Mai fand eine Besichtigung statt. Jürgen Schmitt, der Vogt der Münde, erklärte, daß alle Schiffe nach Lübeck und Danzig hätten auslaufen können, einschließlich des für den Herzog bestimmten Schiffes von Tewes Sassen mit einer schweren Kornladung. Mehrere Fischer vertraten die Ansicht, daß das Schiff den Lachs nicht störe. Zwei Tage später gab es schon wieder hohes Wasser, und das Schiff konnte in den Hafen von Rügenwalde gebracht werden. Im Juli wurde der Stolper Reederei die von dem Landvogt angedrohte Strafe erlassen, und damit endete der Fall, der uns ein Stück "beachtlicher Unternehmenslust Stolper Bürger" überliefert hat.

Viele Jahre lang zogen sich die Streitigkeiten mit dem Herzog wegen der Bollwerksordnung hin. Die laufenden Einnahmen reichten zur Instandhaltung des Hafens nicht aus. Es wurde auf die durch die Weststürme entstandenen Schäden verwiesen, deren Beseitigung hohe Kosten verursache. Die Preise für Holz und Eisen seien erheblich gestiegen, die Hafengebühren dagegen zu gering. Sie betrugen für eine Tonne Salz einen Schilling und für einen Packen Tuch im Werte von 1000 Reichstalern nur zwei bis drei Schilling. Der Handel im Hafen erstreckte sich auf Bier, Salz, Hering, Flachs, Hanf, Honig, Kraftmehl, Kienruß in Fässern, Wolle, Leinwand, Butter, Speck, Talg, Tran, Pech, Seife, Obst, Eisen, Stahl, Dielen und Holz. Die Stadt schlug eine Erhöhung der Ausfuhrabgaben auf 15 Schilling für eine Last (= 96 Scheffel) Korn oder Hopfen vor und einen Scheffel von der Last für das Armenamt. Für alle anderen Waren sollten drei Pfennig je Gulden Einkaufspreis erlegt werden. Der Ruderzoll für jedes auslaufende Schiff sollte sich auf acht Schilling belaufen. Der Herzog lehnte am 19. September 1627 die Ordnung zum zweiten Mal ab. Der Dreißigjährige Krieg brachte dann den Handel fast ganz zum Erliegen.

Die Stadt Stolp war von 1382 bis zum Dreißigjährigen Krieg ein Mitglied der Hanse. Es ergab sich allerdings die unerfreuliche Tatsache, daß die Stadt nach 1552 vorübergehend dem Bunde ferngeblieben war. Der Streit mit Herzog Barnim wegen der Klostergüter hatte zu ihrem Niedergang beigetragen, und wegen Unvermögens konnte sie ihren Verpflichtungen der Hanse gegenüber nicht mehr nachkommen. Sie hat daher zeitweilig dem Bunde fernbleiben müssen, war aber ab 1610 wieder hansisch. Als später im 18. Jahrhundert die preußische Regierung wegen der Zollfreiheit im Oeresund die Zugehörigkeit der Stadt zur Hanse beweisen sollte, kam sie in größte Verlegenheit, weil sich im Stadtarchiv keine Beitrittsurkunde oder sonst ein beweiskräftiges Schriftstück befand. Die von Rügenwalde beigebrachten Beweisurkunden reichten nicht aus. "Weitere Unterlagen mußten beschafft werden, und Stolp beunruhigte nun die halbe Welt mit der Bitte, ihm Beweismittel in die Hand zu geben, daß es vollgültiges Mitglied der Hanse gewesen wäre." Lübeck, Kolberg, Bremen und Treptow gaben die verlangten Nachrichten. Lübecks Auskünfte waren mit am dürftigsten. In seinem Antwortschreiben führte es eine private Anschrift an, die besagte, daß Stolp bereits im Jahre 1363 im Hansebund gewesen sei. Diese Feststellung war falsch. Wie wir heute den publizierten Hanserecessen entnehmen können, ist Stolp im Jahre 1382 der Hanse beigetreten. Auch die übrigen damals eingeholten Belege ließen keinen Zweifel, daß Stolp vollgültiges Mitglied der Hanse gewesen ist.

Unter brandenburg-preußischer Herrschaft gewann der Hafen seine Bedeutung für den Seeverkehr der Stadt vorerst nicht zurück. Der Weg zu einer Besserung der Verhältnisse war lang. Noch für mehr als zwei Jahrhunderte nahm unter den hinterpommerschen Häfen Kolberg die erste Stelle ein.

Im Stettiner Grenzvertrag und der Stockholmer Lizentkonvention von 1653 hatte Schweden dem Kurfürsten von Brandenburg den halben Anteil an den Lizenten aus den vier Häfen seines hinterpommerschen Anteils zugestanden. Die Auflage traf die Stadt Stolp voll, brachte aber dem brandenburgischen Staat nur den halben Ertrag. Erst der Friede von St. Germein befreite die hinterpommerschen Lizenten von der schwedischen Anteilhaberschaft. Stolpmünde und Rügenwalde lieferten seit 1661 keine Einnahmen mehr, sondern mußten sogar von Kolberg Besoldungszuschüsse erhalten. Im Jahre 1667 zeigte der Fürstlich Croysche Beamte zu Stolp der Kurfürstlichen Regierung in Kolberg an, daß der Hafen im letzten Winter durch Sturm stark gelitten habe. Die Mündung sei so flach geworden, daß der Lachs nicht mehr einziehen könne. Der Stadt Stolp fehlten aber die für eine Instandsetzung erforderlichen Mittel. Der Große Kurfürst ließ den Hafen durch den Obristen Hille besichtigen. Sein Bericht bezeichnete den Zustand als trostlos. Er stellte fest, daß die Waren auf dem Landweg nach Danzig gebracht und von dort verschifft würden. Daraufhin führte der Große Kurfürst eine Sondersteuer zur Wiederherstellung des Hafens ein. Jede in Pommern versteuerte Hakenhufe sollte einen Schilling entrichten. Im Jahre 1670 sprachen Bürgermeister und Rat zu Stolp dem Kurfürsten Dank für die Steuer aus. Im Herbst des folgenden Jahres war der Erneuerungsbau schon ein gutes Stück vorangekommen. In den Jahren 1660 bis 1670 passierten jährlich ein oder zwei Schiffe aus Stolp den Sund, danach bis 1674 waren es drei Schiffe. Dann unterbrach der Krieg zwischen Brandenburg und Schweden die Schiffahrt. Einen Anhalt über den Hafenverkehr geben uns die Register von 1670 bis 1682. Es wurde für neu erbaute Schiffe in den Jahren 1672, 1675 und 1682 die Gebühr von je vier Talern entrichtet. Die Einnahmen an Pfundgeld und Ruderzoll waren anfangs 17 Taler im Jahr, sanken dann ab und erreichten 1675 die Summe von 24 Talern, um dann von 1678 bis 1681 auf sechs bis acht Taler abzusinken. "Wir erkennen an den Kurven der Einnahmen nicht nur den Einfluß der großen Politik (schwedisch-brandenburgischer Krieg), sondern auch den schlecht werdenden Zustand des Hafens" (H. Sund).

Im Oktober 1686 bestimmte der Große Kurfürst von Potsdam aus, "daß wir es selbst hochnötig finden, daß bey jetzt erwähntem zerfallenem Hafen fernerem Schaden fürgebeuget werde und haben zu dem Ende... resolvieret, sobalde nur der Hafen zu Rügenwalde instande sein wird, daß alsdann dieser Stolpmündische ebenfalls fürgenommen werden sollte". Der Hafen befand sich allerdings in einem erbärmlichen Zustand. Kaum ein leeres Boot konnte in den Hafen einlaufen. Er wäre wohl ganz versandet, wenn nicht der natürliche Lauf des Flusses die Einfahrt wenigstens oberflächlich offen gehalten hätte. Anno 1690 zerstörte ein Dezembersturm den Rest der Hafenanlagen. Der Fluß hatte einen neuen Auslauf durchbrochen. In die alte Mündung kam nicht einmal ein Boot mehr herein. Erst 1695 wurde der neue Auslauf mit Strauchwerk verschlossen, so daß in die alte Mündung wieder große Boote fahren konnten. In dem nun folgenden Jahrzehnt wurde am Hafen gearbeitet. Zimmermeister Jochem Marten standen vom Amt die erforderlichen Arbeitskräfte beim Hafenbau zur Verfügung. Mit einer großen Zange ließ Marten den Strom von Steinen säubern. Hauptmann von Zitzewitz äußerte 1705 jedoch Zweifel, ob der Hafen überhaupt noch instandgesetzt werden könnte.

Im Schiffbau hatte es nach dem Bau der "St. Johann" im Jahre 1658 eine lange Pause gegeben. In den Jahren 1683, 1688 und 1693 wurde je ein Schiff in Stolpmünde gebaut. Sie wurden Anfang des nächsten Jahrhunderts wieder verkauft. 1706 erhielten die Stolpmünder an der Ostseite "eine Lastadie" zugestanden, wo "sie ein Schiff herauslassen" (vom Stapel lassen) konnten. Auch später, namentlich in den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts, baute man Schiffe in Stolpmünde. Dies war vor allem der Initiative von Kaufmann und Reeder Johann Hering zu verdanken.

Ein allgemeines Interesse beanspruchen familiengeschichtliche Überlieferungen. Die Protokolle der Stadt Stolp über die städtischen Eigentumsdörfer von 1717 enthalten folgende Eintragung:

Wegen Sand- und Wasser-Schadens sind bey der Commission de Anno 1706 auf 10 Jahr abgenommen 5 ½ Lh. (d. h. im Steuerertrag zurückgerechnet).

Die Stolpmünder säßen nicht gleich andern Bauren, sondern hätten ihre Nahrung, da Sie Ihre Schiffsgeschäfte gehabt, und zur See gefahren, größtenteils dadurch gesuchte; anitzo sind darin noch fünf Kruglagen, die auch bebauet, alß

1. Michel Böttcher, dieser hätte noch den Schank, die andern aber weil nicht mehr Bier consumiret werden könne, hätten keinen, und müßte der Krüger das Bier aus der Stadt nehmen,

2. Jochim Albrecht, 3. Peter Jacob Woldt, 4. Peter Krause, 5. Martin Jäncken Wittib.

Die 6, Kruglage läge wüste, das Land davon zum Theil an die Einwohner der Stolpmünde verkaufft, zum theil an die Erben gekommen. Der Garten wäre dergestalt mit Sand beflohen, daß er nicht meritirte bearbeitet zu Werden, und hätten vorgemeldete 6 nur das Land vor alten Zeiten gehabt, es wäre aber nach und nach auf jetzige Einwohner transferiret, und wären nun noch 33 hausser, welche bewohnet würden von: 1. Peter Kalff, wäre ein See-fahrender Mann gewesen, jetzo aber alt, 2. Jürgen Zanders Wittib, dessen Mann ein BothsMann gewesen, und nähret sich die Wittib mit dem spinnen, 3. Tews Fischer, BothsMann, 4. David Peters Wittib, deren Mann ein Schiffer gewesen, 5. Jacob Peter, BothsMann, 6. Peter Hopp, ein Weber, 7. Jochim Peter, Schiffer ohne Schiff, 8. Jochim Lämbke, Schiffer, 9. Hanß Fischer, BothsMann, 10. Davied Hilbrandt, BothsMann, 11. Martin Dambke, BothsMann, 12. Martin Buhrort, gewesener Schiffer, dessen Sohn BothsMann, 13. Jacob Dambke, BothsMann, 14. David Grabow, BothsMann, so aber wegen der schweren Krankheit 12 Jahr Nahrloß gewesen, 15. Jacob Beyers, Wittib, deren Mann ein BothsMann gewesen, 16. Matthies Brandt, BothsMann, 17. Jochim Tietzen Wittib, deren Mann ein Schiffer gewesen, 18. Christian Rauchstedt, BothsMann, 19. Jacob Peter, Schiffer, 20. Martin Beyer, BothsMann, 21. Jürgen Krause, BothsMann, 22. Andreas Schröder, BothsMann, alt, 21. Jochim Schlüter, BothsMann, 24. Jochim Brandt, 25. Casper Posten Erben, deren Vater Leinweber gewesen, 26. Jacob Grote, Fischer, 27. Jochim Wetzphal, Schneider, 28. Peter Vahlen Wittib, deren hauß gantz alt und dem Einfall drauet, 29. Jürgen Hopp, Ackersmann auf gemiethetem Acker, 30. Peter Kalffs Wittib, nähre sich mit dem spinnen, 31. Friedrich Marten, will sich zum BothsMann applicieren, 32. Peter Dumbecke, BothsMann, 33. Marten Zadach, BothsMann. Drei Heußer wären noch unbewohnt und wüste, welche zum theil dachlos.

Stolpmünde - Grundriß von 1709

Das Bemühen der preußischen Regierung ging dahin, die heimische Schiffahrt und den Handel zu fördern, die Tonnage zu mehren. Berichte wurden eingefordert. Die Stolper Kaufmannschaft erhielt 1741 die Aufforderung zu berichten, wie es mit dem Schiffbau bestellt sei. Es wurde bissig geantwortet,

"daß Stolpmünde zwar so beschaffen sei, daß Schiffe gebauet und mehr Handel getrieben werden könne, wie wenn vor diesem in Stolpmünde oft gebauet seien; 1737 sei von der Kaufmannschaft allhier das letzte Schiff von 160 Lasten gebaut und wegen der Untiefen im Hafen mit der allergrößten Gefahr in See gebracht worden. Weil aber der Hafen je länger je schlechter wurde und gegenwärtig so beschaffen sei, daß ein kleines Schiffchen, so im Hafen lieget, und nur 5 Fuß Wasser zum Auslaufen braucht, dieses ganze Jahr nicht hat in See kommen können, allem Anschein nach auch wohl im Hafen werde verfaulen müssen, so müsse eben in Stolpmünde der Schiffbau wie auch der Handel aufhören."
Im Jahre 1751 waren in Stolpmünde drei Schiffe beheimatet, und das waren kleine Segler von 29 und 27 Lasten (eine holländische Last = 29 Zentner). Im Siebenjährigen Krieg kam die Schiffahrt fast ganz zum Erliegen. Nachdem der Staat Gelder zur Verfügung gestellt hatte, wurden die Reparaturarbeiten im Hafen wieder aufgenommen. 1767 hatte Stolp sechs Fahrzeuge. Es waren jetzt schon Schiffe von 80 bis 140 Last.

Eine verhältnismäßig stattliche Seglerflotte finden wir um 1787 in Stolpmünde zu Hause. 12 Schiffe standen damals in Diensten der Stolper Kaufmannschaft. "Es waren keine Ozeanriesen; der größte Segler war ein Zweideck-Galjot von 200 Lasten mit 14 Mann Besatzung und stellte einen Wert von 8000 Talern dar. Es waren zur Hauptsache kleinere Segler, die die Stolpmünder Flotte bildeten." Die Akten im Stadtarchiv zu Stolp verzeichnen für das Jahr 1787 die folgenden Kapitäne und Schiffe:

Jacob Ratzke führte "Die drei Gebrüder",
Christ. Bütner führte "Die Einigkeit",
Peter Kalf führte "Dorothea Charlotta",
Martin Haaß führte "Juliane Dorothea",
Andreas Hübner führte "Perpetuum mobile",
Martin Moews führte "Fridrica Christin",
Jürgen Domke führte "Heinrich Benjamin",
Jochim Hoffmeister führte "Gute Botschaft",
Jochim Brand führte "Gute Freund",
Michael Calf führte "Ferdinand und Heinrich",
Fritzlaff führte "Anna Carolina"

Über die Zahl der in Stolpmünde beheimateten Schiffe und ihre Ladefähigkeit in den folgenden Jahren können wir uns ein recht genaues Bild machen. Es waren

1787:   12 Schiffe mit 1080 Last
1788:   14 Schiffe
1789:   10 Schiffe
1791:    8 Schiffe
1792:    5 Schiffe
1794:    6 Schiffe
1795:   10 Schiffe
1796:   11 Schiffe mit 945 Last
1798:   12 Schiffe mit 1145 Last
1800:   13 Schiffe mit 1250 Last
1801:   14 Schiffe mit 1430 Last

Die Besitzer der in Stolpmünde beheimateten Schiffe waren fast durchweg Stolper Kaufleute. Dem Kaufmann Christian Benjamin Hering gehörten 1787 allein sieben Schiffe von zusammen 900 Last mit 70 Mann Besatzung. Den Gesamtwert seiner Schiffe beziffert er selbst auf 33800 Taler. Er spielte auch sonst eine Hauptrolle im Handelsleben der Stadt. Als weitere Schiffsbesitzer werden Johann Christian Dietz, Johann Fr. Stroelow, Daniel Hübner, Gützlaff und Michael Westphal genannt. Der Handel beschränkte sich auf die Ausfuhr von Holz, Roggen und Leinwand, während Kolonialwaren, Eisen, Teer, Seife, Kalk, Hanf und Flachs eingeführt wurden. Die Schiffsverluste in jener Zeit waren auffällig groß.

Ende des 18. Jahrhunderts war Stolpmünde ein kleiner verträumter Hafenort, wie wir der Beschreibung von Brüggemann aus dem Jahre 1784 entnehmen können:

"Stolpmünde ein Flecken, zwei Meilen von Stolpe gegen Norden, an dem östlichen Ufer der Stolpe, wo sich dieselbe in die Ostsee ergießet und einen wenig brauchbaren Hafen macht, hat außer verschiedenen Kaufmannsspeichern 37 Feuerstellen, die mit Einschließung eines Holzwärterkathens, eines Schulhauses, worinn der Küster, der zugleich Organist ist, wohnet, und einiger Handwerker, von Schiffern und Seefahrenden bewohnet werden, die sich neben der Schiffahrt mit dem Lachsfange zu beschäftigen pflegen."

Nach den napoleonischen Kriegen stellte die Stadt Stolp bis 1820 den alten Bauzustand des Hafens mit einer Einfuhrtiefe von zwei Metern bei mittlerem Wasserstand wieder her. Im Schiffbau kam es im Jahre 1810 zur Krise, weil das zum Bau nötige Eisen aus England und Schweden durch den hohen Einfuhrzoll sehr verteuert wurde. Als der Hafen erneut versandete, kam der Schiffsverkehr fast ganz zum Erliegen. Dem Hafen fehlte für größere Schiffe die nötige Wassertiefe. Nur Küstenfahrer konnten den Hafen noch anlaufen. Zeitweilig war er durch Sandbänke völlig versperrt. Wegen der Bewilligung von Mitteln für die Unterhaltung und den Ausbau des Hafens kam es zu langjährigen Auseinandersetzungen mit dem Staat. Dieser wollte die erforderlichen Mittel nur zur Verfügung stellen, wenn die Stadt den alten Hafentarif außer Kraft setzen und den in preußischen Häfen bestehenden Tarif einführen würde. Die Stadt Stolp lehnte ab. Schließlich wurde für den Hafen gar nichts mehr getan. Um den weiteren Verfall zu verhindern, trat die Stadt ihn und seine Einkünfte durch Vertrag vom 22. Dezember 1831 entschädigungslos an den preußischen Staat ab. "Diese Übereignung bildete einen entscheidenden Wendepunkt in der Entwicklung des Hafens. Hiermit waren die Vorbedingungen für einen planmäßigen und großzügigen Ausbau der Hafeneinrichtungen gesichert, wie er dann auch erfolgt ist" (J. Rättig).

Der wirtschaftliche Aufschwung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging auch an Stolpmünde nicht vorüber. Er begann mit der verkehrsmäßigen Erschließung des Ortes. Die Chaussee Stolp-Stolpmünde wurde 1836 fertiggestellt. Der Bau einer Chaussee nach Rügenwalde begann 1859. Ernste Bedenken hatte man in Hinterpommern gegen den Bau einer Eisenbahn, die der Konkurrenz aus Mittel- und Westdeutschland Tür und Tor öffnen mußte. Die Militärs befürchteten, daß eine "Küstenbahn" auf der Strecke Köslin-Stolp feindlichem Beschuß ausgesetzt sei. Doch die Bahn wurde gebaut und erreichte 1869 Stolp. Dadurch wurde die Stolper Kaufmannschaft, aber auch die Gutsbesitzer aus den benachbarten Kreisen Rummelsburg, Bütow und Schlochau veranlaßt, den Bau einer Eisenbahnlinie Stolpmünde-Stolp-Konitz zu planen. Es gelang dann den Bau auf Staatskosten zu erwirken. 1878 wurde die Bahnlinie eröffnet.

Am Ausbau des Stolpmünder Hafens hatte die Stolper Kaufmannschaft das größte Interesse. Im Jahre 1849 gehörten zur Stolper Reederei 25 Schiffe und 1858 auf dem Höhepunkt 44. Es kam zu zahlreichen Eingaben bei der Regierung, die jedoch nur wenig Erfolg hatten. Ende März 1860 sollte ein Pferdebagger eine Wassertiefe von acht Fuß herstellen. Im Jahre 1863 standen 250000 Taler für den Ausbau des Hafens zur Verfügung. Er wurde in den kommenden Jahren erweitert und die beiden Molen "bedeutend weit ins Meer verlängert" und eine Wassertiefe von 14 Fuß hergestellt. Im August und September 1865 waren Hunderte von Arbeitern an beiden Molen mit dem Einrammen von Pfählen zu den Molengerüsten und mit dem Ausfüllen mit Felsblöcken und Steinen beschäftigt. Seit 1865 konnten auch größere Schiffe den Hafen anlaufen. Der Schiffsverkehr stieg von 41 einlaufenden und 42 abgehenden Schiffen im Jahre 1817 auf 501 ankommende und 504 abgehende Schiffe. Auch der Krieg mit Dänemark vermochte den Umschlag in Stolpmünde nicht wesentlich zu beeinträchtigen.

Weitere Ausbaupläne sahen die Anlegung eines großen Hafenbassins und die Erweiterung der Zufahrt vor. Das große Problem des Stolpmünder Hafens war immer wieder die drohende Versandung. Da der Stolpefluß eine verhältnismäßig starke Strömung hat, lagern viel mitgeführte Sinkstoffe im Hafen ab, während andererseits eine beträchtliche Menge losen Sandes in die Hafeneinfahrt schwemmt. Die Stadt Stolp überließ dem Staat 1866 eine Fläche von 34,1680 Hektar zur Erweiterung des Hafens und leistete einen Zuschuß von 18750 Mark. Für die erforderlichen Erweiterungsarbeiten standen 300000 Taler zur Verfügung. Mit Beginn des Jahres 1867 wurden die Arbeiten am Hafen wieder aufgenommen und ungefähr 150 Arbeiter beschäftigt. Die Wassertiefe vor den Molen betrug nun 25 bis 27 Fuß. Zwanzig Jahre später war nur noch eine Tiefe von sieben Fuß vorhanden. In den Jahren 1888 und 1889 war die Hafeneinfahrt wieder stark versandet. Einige größere Schiffe mußten den Hafen Rügenwalde anlaufen. Der mit einem Kostenaufwand von 100000 Mark für Stolpmünde erbaute Regierungsbagger "Simson" befand sich Tag und Nacht im Einsatz. Aus dieser Situation heraus entstanden Pläne für einen weiteren Ausbau des Hafens, der die Versandung endgültig beseitigen sollte.

Ein Meilenstein zu einem modernen Hafen war der Bau eines Lagerhauses der Stolper Spiritus-Lagerhaus-Gesellschaft im Jahre 1886. Das aus Stein und Eisen hergestellte Gebäude war 38 Meter lang, 19 Meter breit und 14 Meter hoch. Es enthielt sechs große Bassins von je 38400 Liter Fassungsvermögen, so daß rund 230000 Liter Spiritus gelagert werden konnten. Im folgenden Jahr, wurde der Bau eines zweiten Lagerhauses mit einem Fassungsvermögen von zwei Millionen Liter beschlossen. Ein neues Lotsenhaus entstand 1892 anstelle einer alten Wachtbude. Im Februar 1898 nahm die Reichsbahn die neuen Gleisanlagen an der Westseite des Hafens in Betrieb.

Bei der Eröffnung der Schiffahrt im Jahre 1870 waren zwei Schiffe, die "Erndte" und "Viktor", für den Verkehr zwischen Stettin und Stolpmünde vorgesehen. Doch der Verkehr mußte wegen zu geringer Einnahmen wieder eingestellt werden. Im Jahre 1875 liefen 302 Schiffe, im Jahre 1877 sogar 349 und 1878 nur noch 247 Schiffe den Hafen an. Im Jahre 1882 schuf sich die Stadt Stolp durch die Gründung der Stettin-Stolper-Dampfschiffahrts-Gesellschaft eine regelmäßige Frachtverbindung zwischen Stettin und Stolpmünde, die bisher unzureichend war. Das Unternehmen wurde als Kommanditgesellschaft auf Aktien gegründet. Für die Linie war zunächst ein Dampfer in Aussicht genommen.

Der eiserne Schraubendampfer, der zwischen Stettin und Stolpmünde im Mai 1886 verkehrte, war 266 Brutto-Register-Tonnen groß und trug den Namen "Stolp". Die Stettiner Firma Rud. Christ. Gribel hatte ihn aus Schottland erworben. Am 19. Mai abends sieben Uhr warf er in Stettin die Leinen los, passierte nach viereinhalb Stunden Swinemünde und war am nächsten Morgen in Kolberg. Am gleichen Nachmittag 4.30 Uhr beim Einlaufen in Stolpmünde geriet das Schiff durch starke Strömung auf die Westmole, kam aber mit eigener Kraft wieder frei. Am Abend des 21. Mai verließ "Stolp" mit 500 Zentner Ladung Stolpmünde nach Stettin. Dampfer "Stolp" war ein so gutes Schiff, daß man ihn ab 1891 für mehrere Jahre auf der Fahrt nach Kopenhagen einsetzte. Dann diente er wieder als Frachtdampfer der Wirtschaft Ostpommerns bei Frost und Hitze, bei Sturm und Eis und Nebel. Am 8. Januar 1914 erlitt er auf See eine Havarie und geriet dann bei steifem Südwest beim Einlaufen in den Hafen von Stolpmünde auf den Strand. Die Sturmflut des folgenden Tages machte aus dem alten Dampfer ein Wrack.

Der erneute Ausbau des Hafens zu Beginn des 20. Jahrhunderts sollte die Gefahr ständiger Versandung beseitigen. Das preußische Abgeordnetenhaus bewilligte 1899 den Betrag von 400000 Mark für den Neubau der Molen und weitere 69000 Mark für den Bau einer Ufermauer vor dem Spirituslagerhaus. Der Ausbau der Ostmole mit einem 100 Meter langen Vorbau erforderte umfangreiche Planungen. Der eiserne Unterkopf der Mole mit einem Gewicht von ungefähr 2500 Zentnern wurde im Hafen gebaut und dann herausgeschleppt. An Ort und Stelle füllte man ihn mit ca. 3000 Stück Kieszementsäcken aus . Herabgelassene 50 Zementblöcke, die zwischen 300 und 400 Zentner wogen, dienten als Wellenbrecher. Strauchballen sollten das Unterspülen der Blöcke verhindern. Die Ostmole wurde um 127 Meter, die Westmole auf 142 Meter verlängert und die Einfahrt auf 41,5 Meter erweitert. Die Baukosten einschließlich der Kosten für die Abbrucharbeiten betrugen 930000 Mark. Da die Verlängerung der Mole allein die sichere Gewähr für die Erhaltung der Einfahrttiefe von fünf Metern nicht bieten konnte, wurde in den Bauentwurf als wesentlicher Bestandteil der Bau eines neuen Baggers aufgenommen, der auch bei unruhigem Wellengang vor der Hafenmündung arbeiten konnte. Der neu auf den Oderwerken in Stettin erbaute Saugbagger, ein seetüchtiges Fahrzeug, hatte eine Länge von 56 Metern und eine Baggerleistung von 400 Kubikmeter. Er trug den Namen "Stolpmünde". Am 1. Oktober 1902 nahm er seine Baggertätigkeit im Heimathafen auf. Er sollte aber auch in Kolberg und Rügenwalde die nötige Wassertiefe herstellen. Am 24. September 1903 wurde der neue Hafen feierlich eröffnet. Der ganze Ort prangte im Flaggenschmuck, und zur Feier des Tages kamen viele hohe Gäste nach Stolpmünde.

Als dann 1914 das Kornhaus des Stolper Landwirtschaftlichen Konsumvereins niederbrannte, wurde schon 1915 ein Neubau errichtet. Im Jahre 1920 wurde Stolpmünde in den Seedienst Danzig-Swinemünde einbezogen. Der Passagierdampfer lief auch Stolpmünde an. Zum Schutz des Molenunterbaus wurden im Juli 1925 wieder Betonblöcke an der Seeseite der Ostmole versenkt. Der Hafenbetrieb hatte sich in solchem Maße ausgedehnt, daß die vorhandenen beiden Gleise der Reichsbahn im Hafen zur Bewältigung des Güterverkehrs nicht mehr ausreichten. Die Reichsbahnverwaltung plante, ein drittes Gleis zu bauen, das leider nicht bis zum Lotsenhaus durchgezogen werden konnte, da dies die Hafenstraße wegen ihrer geringen Breite nicht zuließ. Im Jahre 1934 wurde mit den Arbeiten für einen großzügigen Ausbau des Hafens an der Westseite begonnen. Nach zwei Jahren waren die umfangreichen Arbeiten beendet. Die Verbesserung bewirkte eine weitere Zunahme des Verkehrs.

Die Anfänge des Badeverkehrs reichen weit in das 19. Jahrhundert zurück. Schon im Jahre 1832 soll der Ort 49 Badegäste gehabt haben. Der Komfort für die Gäste war damals noch sehr gering. Die Königliche Post richtete 1862 zwischen Stolp und Stolpmünde eine zweite tägliche Personenpost mit sechssitzigem Hauptwagen ein. Die Fahrzeit betrug eine Stunde und 45 Minuten. Der Fahrpreis belief sich auf sechs Silbergroschen je Person und Meile. Am 26. August 1862 gab die Kapelle des 8. Pommerschen Infanterie-Regiments Nr. 61 ein Konzert. Es wurde ein Eintritt von fünf Silbergroschen erhoben. Einen größeren Aufschwung nahm Stolpmünde erst nach der Gründung der Bade-Aktiengesellschaft. Sie richtete feste Seebadeanstalten ein, eine für Herren an der West- und eine für Damen an der Ostseite. Eine "Badekapelle" spielte vormittags im Ort und nachmittags am Strand Streichmusik. Im Jahre 1877 kam ein Warmbad, das eine Privatgesellschaft erbaute, hinzu. Die Bütower Stadtkapelle stellte 1880 die Kurmusik mit 12 Mann. Das Stolper Stadttheater gab Gastspiele. Im Jahre 1881 ging die Seebadeanstalt auf die Gemeinde über. Eine "Kurliste des Seebades Stolpmünde" wurde erstmals 1883 herausgegeben. Die Zahl der Badegäste stieg von 350 im Jahre 1870 auf 1079 im Jahre 1890 und 2294 im Jahre 1904.

Stolpmünde Ende des 19. Jahrhunderts mit alter Kirche

Etwa um die Jahrhundertwende wurde Stolpmünde zu einem modernen Hafen- und Badeort. Es änderte sich das äußere Bild des Ortes. Bis dahin hatten nur die Mittel- und die Hauptstraße ein Steinpflaster. In dem losen Sand der Straßen lagen schwerbeladene Fuhrwerke oft fest. Für die Badegäste wurden Bretter auf die Bürgersteige gelegt. Im Jahre 1896 begann die Pflasterung der Straßen. Stolpmünde bekam 1904 eine Gasanstalt und 1911 eine Elektrizitätszentrale. Fortan konnten auch die Straßen beleuchtet werden. Wasserleitung und Kanalisation kamen aus Kostengründen erst 1928 hinzu. Der auf einer 16 Meter hohen Düne errichtete Wasserturm hatte eine Höhe von 17 Metern und diente gleichzeitig als Aussichtsturm.

Bereits im Jahre 1874 waren mit der Einführung der Kreisordnung die Rechte der Gemeinde erweitert worden. Stolpmünde hatte einen ehrenamtlichen Gemeindevorsteher, der auch die Geschäfte des Amtsvorstehers wahrzunehmen hatte. Als solche haben in Stolpmünde gewirkt:

Rechnungsrat a. D. Bliesner 1874-1875
Amtssekretär Adolf Bliesner 1875-1881
Schiffskapitän Friedrich Lewien 1881-1906
Stolpmünde mit neuer Kirche um 1910

Inzwischen hatten die Dienstgeschäfte einen großen Umfang angenommen, so daß die Gemeindevertretung sich 1906 entschloß, einen Berufsbeamten als Gemeindevorsteher einzusetzen. Dagegen erhob die Aufsichtsbehörde Bedenken. Die folgenden Gemeindevertreter konnten daher zunächst nur kommissarisch eingesetzt werden. In kurzer Folge sind in Stolpmünde als Gemeindevorsteher tätig gewesen: Stadtsekretär Gohlke aus Landsberg, der Kreisausschuß-Sekretär Schoplick aus Münsterberg in Schlesien und Schulz. Im Jahre 1909 wurde Bürgermeister a. D. Ziemann einstimmig auf zwölf Jahre zum pensionsberechtigten Gemeindevorsteher gewählt. Er stammte aus Genthin in Sachsen, war mit 29 Jahren Bürgermeister der Stadt Jerichow geworden und brachte aus dieser zwölfjährigen Bürgermeisterzeit beste Verwaltungserfahrung mit. Nach seiner Wiederwahl 1921 blieb er bis zum 30. September 1924 im Amt und schied dann wegen Erreichens der Altersgrenze aus. Sein Nachfolger wurde der aus Nordenburg in Ostpreußen kommende Franz Rathenow. Aus politischen Gründen wurde er im Dezember 1933 seines Dienstes vorläufig enthoben und in den Ruhestand versetzt. Sein Nachfolger im Amt war der Diplom-Volkswirt Dr. Erich Conrad von der Landstelle Stettin. Vom 1. April 1935 ab führte er aufgrund der ersten Verordnung zur Durchführung der Deutschen Gemeindeordnung vom 22. März 1935 die Amtsbezeichnung Bürgermeister.

Der Wohlstand des Ortes, in dem es ursprünglich auch eine umfangreiche Landwirtschaft gegeben hat, beruhte zuletzt auf drei Säulen:

1. dem Hafen, der den Ort zu einem Warenumschlagplatz und zu einer Stätte des Schiffsbaues machte
2. der Fischerei
3. dem Badeleben

Stolpmünde war der bedeutendste Seehafen an der pommerschen Küste östlich von Stettin. Nach dem großen Umbau zu Beginn des Jahrhunderts setzte er sich an die Spitze der ostpommerschen Seehäfen, wie die nachstehende Übersicht über den Gesamtumschlag der Häfen Stolpmünde, Kolberg und Rügenwalde zeigt.

Jahr Stolpmünde Kolberg Rügenwalde
1913 228101 112055 67897
1924 98406 46631 18028
1934 182252 150469 31544
1937 235036 217696 60735
1938 235064 230457 67001
Tabelle: Der Gesamtumschlag der Häfen Stolpmünde, Kolberg und Rügenwalde in Tonnen

Im ersten Vierteljahr 1939 erreichte der seewärtige Güterverkehr 80358 t gegenüber 65227 t im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Der Handelsverkehr war auch, was die Zahl und Größe der den Hafen anlaufenden Schiffe anbetrifft, beträchtlich, wie nachstehender Überblick zeigt:

Jahr  Angekommene Handelsschiffe  Abgegangene Handelsschiffe
Zahl in Reg. Tonnen Zahl in Reg. Tonnen
1877 339 15600 341 15900
1890 302 38600 299 38400
1899 298 40500 298 40400
1905 406 61100 404 61400
1910 514 91500 517 92300
1913 471 105100 472 105000
1929 370 106000 370 106000
1934 362 102000 363 102000
1935 455 121000 453 121000
1936 469 122000 470 123000
Tabelle: Die Zahl der ankommenden und abgehenden Schiffe im Ostseehafen Stolpmünde in den Jahren 1877 bis 1936 in Reg. Tonnen

Stolpmünde war mit einem seewärtigen Güterverkehr von 151402 t Einfuhr und 83662 t Ausfuhr im Jahre 1938 überwiegend ein Einfuhrhafen und diente als solcher der Einfuhr von Wirtschaftsgütern für die Stadt Stolp. Daneben spielte er für die hinterpommersche Landwirtschaft eine Rolle, und zwar für die Ausfuhr von Getreide, insbesondere Roggen und Hafer, und die Einfuhr von Düngemitteln. Die großen Getreidespeicher der Firma CF. Geiß und des Stolper Ein- und Verkaufsvereins waren das äußere Kennzeichen dieses Umschlags.

Kapitänswinkel in Stolpmünde

Ein gewaltiges Projekt, das 1939 begonnen wurde, aber infolge des Krieges nicht zu Ende geführt werden konnte, krönte die Entwicklung vieler Jahrhunderte: der Ausbau des Ortes zu einem modernen Großhafen für die Wirtschaft Ostpommerns und den Verkehr an der ostpommerschen Küste. Der im Bau begriffene Großhafen sollte nicht, wie seinerzeit die Erweiterung des Hafens um die Jahrhundertwende, für knapp 40 Jahre den Anforderungen des Verkehrs genügen, sondern für viele Jahrzehnte mehr. Im Zuge der Aufrüstung war der Hafen auch als Kriegshafen gedacht. Die "Zeitung für Ostpommern" schrieb damals:

"Die besonderen Schwierigkeiten, die sich einer geregelten Handelsschiffahrt an der langgestreckten, wenig gegliederten ostpommerschen Küste entgegenstellen, sind bekannt. Die zu gewissen Zeiten gefährliche Ost-West-Strömung ist schon manchem Dampfer selbst bei geringen Windstärken zum Verhängnis geworden, und gerade die Einfahrt in den Stolpmünder Hafen war trotz der 500 Meter langen Molen oft nur durch den persönlichen Einsatz der mit den Strömungen Vertrauten zu gewinnen, wenn das Schiff nicht stundenlang oder sogar tagelang die offene See aufsuchen mußte, um besseres Wetter abzuwarten. Hier wird der neue Großhafen Wandel schaffen. Für den neuen Hafen wird an der Westseite von Stolpmünde eine neue Mole gebaut, die bei einer Länge von 1600 Metern in einem mächtigen Halbkreis weit in die offene See vorstößt. Etwa 1200 Meter von der bisherigen Mole entfernt ist jetzt die neue Westmole im Bau. Begünstigt durch das schöne Wetter war es möglich, seit Dezember vorigen Jahres die Vorarbeiten für den Molenbau so weit zu fördern, daß bereits vor einigen Wochen die Dampframmen zum Einrammen der dicken Pfähle für den Unterbau der Mole eingesetzt werden konnten. Vor einigen Tagen wurde sogar bereits mit dem Einrammen der eisernen Spundwände für die Mole begonnen. Die Zwischenräume zwischen den Pfählen werden in den nächsten Wochen dann mit Zement und Steinpackungen ausgefüllt. Der Bau der Mole ist bereits bis in die offene See vorgetrieben worden. Bis zum September dieses Jahres soll bereits der erste Bauabschnitt - eine fertige Mole von 500 Metern Länge - abgeschlossen sein."

Der neue Großhafen sollte dem Personenschnellverkehr vom Reich nach Ostpreußen dienen. Es war vorgesehen, daß die von Berlin aus durchgehenden Züge direkt auf einen in den Hafen hineingebauten Kai fuhren, so daß die Reisenden vom Zug aus mit wenigen Schritten in den Ostpreußendampfer übergehen konnten. Der Zweite Weltkrieg setzte dem groß angelegten Projekt vorzeitig ein Ende.

Der Fischfang kann in Stolpmünde auf eine alte Tradition zurückblicken. Seit alters her wurde in der Stolpemündung Lachs gefangen und Dorsch, Flundern und Heringe auf hoher See. Das fiskalische Lachsfanggebiet lag vor und zu beiden Seiten der Stolpemündung. Ganze 20 Mark,59 und schließlich 600 Mark wurden im vergangenen Jahrhundert für die Fischereigerechtigkeit in diesem Gebiet gezahlt. Als dann 1892 ein Konsortium Stolpmünder Fischer die Pacht übernahm, mußte es schon einen Preis von 2350 Mark entrichten. Trotzdem wurde die Lachsfischerei zunächst zu einer einträglichen Einnahmequelle. Der Lachsfang fiel im April 1893 so reichlich aus, daß der Preis auf 50 Pfennig für das Pfund sank. Als nach einigen Tagen widrige Stürme einsetzten, ließen die Fangergebnisse nach. Der Preis kletterte schnell auf 70 und 90 Pfennige je Pfund. Ein Fischer brachte von einem nächtlichen Fang 99 Stück nach Hause, ein anderer sogar 146, und er erzielte dafür rund 1000 Mark. Im März 1893 sank der Preis zeitweise sogar auf 35 Pfennige.

Einen richtigen Fischereihafen erhielt der Ort erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Erstmals erörterte der Regierungspräsident das Thema mit dem Fischereiaufseher im Jahre 1891. Eine Versammlung, in der bereits Einzelheiten mit den Fischern abgesprochen wurden, fand am 30. Dezember 1902 statt. Der Winterhafen wurde für das Anlegen der Fischerboote im Sommer vorgesehen. Der Winterdamm sollte erhöht und das Ufer mit diesem durch eine Brücke verbunden werden. Am 29. November 1903 kamen die Fischer zusammen, um die Gründung eines Hochseefischerei-Vereins zu beschließen. Der Zweck des Vereins war die Hebung der gemeinsamen Interessen. Verbesserung der Fischereigerätschaften und die Unterstützung der Witwen und Waisen. 46 Fischer traten dem Verein bei. Zum Vorsitzenden wurde der Fischer Wilhelm Luck gewählt. Die Versammlung nahm die Statuten einstimmig an. Eine Fischereiverwertungsgenossenschaft e.G.m.b.H. wurde im Jahre 1919 gegründet. Dem Unternehmen traten zahlreiche Fischer des Ortes als Genossen bei. 32 Fischkutter lieferten ihre Fänge an die Genossenschaft ab. Dieser gelang es, die größte Räucherei des Ortes mit 16 Öfen zu erwerben und den bisherigen Inhaber, Rudolf Schwarz, als Geschäftsführer zu übernehmen. Auf dem Fabrikhof wurde ein Eiskeller mit 5000 Zentner Fassungsvermögen und ein großer Lagerschuppen für Räucherholz und Späne mit Kreissäge und Holzzerkleinerungsmaschine, ein Öl- und Fettelager sowie ein Materiallager für Netze und Tauwerk und sonstige Fischereibedarfsartikel errichtet. Anfang der dreißiger Jahre baute die Genossenschaft eine neue moderne Rohöltankanlage mit einem Fassungsvermögen von 50000 Kilogramm in der Höhe des Fischereihafens und einem fünfhundert Meter entfernten Zapfhaus an der Holzbrücke im Fischereihafen. Hierdurch wurde ein unmittelbarer Einlauf des Öls in die Kuttertanks erreicht. Der Jahresumsatz der Fischverwertungsgenossenschaft für eigene Anlandungen, Zukäufe von anderen Plätzen und aus dem Ausland belief sich auf etwa 550000 bis 600000 Reichsmark. Im Jahre 1936/37 wurde in Stettin von der Landwirtschaftskammer eine Fischabsatzzentrale eingerichtet, die für die einzelnen Fischereihäfen einen Verteilerschlüssel herausgab, damit die Räuchereien gemäß ihrer Ofenkapazität beliefert wurden. Es gab ja in Stolpmünde noch weitere Räuchereien: die von Pegel & Söhne, Louis Schwarz, Paul Brick, Gebrüder Hübner sowie Herrmann Schmiedeberg und Willi Seils.

Stolpmünde - Strand, Mole und Hafen

Stolpmünde - Hafen

Es war schon eine stattliche Fischereiflotte, die in Stolpmünde ihren Heimathafen hatte. Im Jahre 1925 zählte sie 61 gedeckte Motorsegelkutter und 41 offene Fischerboote. Im Jahre 1933 bildeten 50 gedeckte Motorsegelkutter und 29 offene Fischerboote, darunter einer mit Motor, die hiesige Fischereiflotte. Stolpmünde hatte 176 Fischer, acht Räuchereien und 53 Rächeröfen.

Das Badeleben in Stolpmünde entwickelte sich im 20. Jahrhundert zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor. Der Strand hatte gegenüber anderen Bädern besondere Vorzüge. Er war breit, mit feinem Sand bedeckt und senkte sich zum Wasser allmählich ab. Der Meeresgrund war fest und steinfrei.

Die kleine Gemeinde gab sich alle Mühe, das Badeleben zu fördern. Mit einem Kostenaufwand von 71441 Mark wurde 1911 ein modernes Warmbad errichtet und nach der großen Sturmflut 1914 mit einem Kostenaufwand von 34200 Mark das zerstörte Damen- und Familienbad erneuert. Das von dem Architekten Dunkel aus Zoppot entworfene Projekt hatte 75 Zellen anstelle von 35 in der alten. Auch Strandkörbe waren damals schon modern. Der Ankauf von 100 Strandkörben zum Preise von 3600 Mark wurde in der Sitzung der Gemeindevertretung am 26. März 1914 beschlossen. Die Badeanstalt Ost erhielt 1925 den Anbau eines Garderoben- und Ankleideraumes für die Herrenabteilung zur gleichzeitigen Abfertigung von etwa 500 Badegästen. Ein weiterer Anbau in die See hinein enthielt ein Baderestaurant. In der Kurzeit 1927 wurden Freibäder eingeführt. Diese befanden sich 100 Meter hinter der Badeanstalt Ost und West. Das Baden vom Strandkorb aus wurde am Ortsrand zwischen Bergstraße und der Badeanstalt Ost von der Kurzeit 1929 ab gestattet. Es war nur eine geringe Gebühr zu entrichten.

Das Badeleben in Stolpmünde nahm durch die vielen Modernisierungsmaßnahmen ständig zu. Die Verschönerung des Ortsbildes durch Baumanpflanzungen in den Straßen und durch Anlegung von Plätzen fand bei den Badegästen Anerkennung. Die Zahl der Badegäste stieg von 2604 im Jahre 1926 auf 3003 im Jahre 1928. Infolge der Weltwirtschaftskrise ging sie 1932 auf 2506 und 1933 auf 2586 zurück, um dann 1934 wieder auf 3069 anzusteigen. Dann kamen 1936 die "Kraft-durch-Freude-Fahrer", einfache Arbeiter, die im Dritten Reich erstmals Feriengestaltung und Erholung kennenlernten. Die letzte bekannte Kurliste aus dem Ostseebad Stolpmünde weist nach dem Stand vom 14. September 1940 die Zahl von 3340 Badegästen aus.

Was hatte nun Stolpmünde als modernes Strandbad zu bieten?

Nun, an erster Stelle ist seine einzigartige Lage zu nennen, der breite, steinlose Sandstrand unmittelbar hinter der Kurpromenade und die Küste mit ihren von Kiefern bestandenen Dünen im Westen bis Jershöft hin, mit der vielbesuchten Hindenburghöhe im Osten, der Steilküste bei Schönwalde und den Wanderdünen am Garder- und Leba-See. Es gibt kaum einen Vergleich zu anderen Bädern, selbst wenn sie eleganter waren. Stolpmünde war ein Kleinod, eine Stätte beschaulicher Besinnlichkeit, ohne Prunk und Glanz. Wer hier einmal seine Ferien verlebt hatte, kam wieder, um Ruhe und Erholung zu finden.

Stolpmünde - Badeanstalt und Strand in Richtung Neustrand

Stolpmünde war ein modernes Seebad. In der Zeit von 1928 bis 1930 hatte die Gemeinde sich mit einem Kostenaufwand von 900000 Reichsmark eine Wasserleitung und Kanalisation zugelegt. Das Prachtstück des Ortes war die Kurpromenade, auf der viele Bänke zu einer Ruhepause einluden. Die Badesaison begann mit der Erstellung der Badeprospekte und ihrer Verschickung auf Anforderung, mit der Anfertigung des Unterkunftsverzeichnisses und seiner laufenden Ergänzung, mit der sorgfältigen, individuellen Beratung der anfragenden Interessenten, um ihnen die Suche nach einer Unterkunft zu erleichtern. Sehr wichtig war aber auch "die rechtzeitige Herrichtung der Warmwasserbadeanstalt, in der neben warmen Seebädern auch Moor- und andere medizinische Bäder nebst Massagen verabfolgt wurden, und der Kaltbadeanstalt mit dem beliebten Baderestaurant. Der Badestrand zwischen Ostmole und Ostbadeanstalt mußte gereinigt und während der Saison von Papier und anderen Abfällen freigehalten werden. Die Strandkörbe, die im Winter auf dem Boden des Warmseebades gelagert wurden, mußten repariert und teilweise durch neue ersetzt werden".

Eine ständige Kurkapelle konnte wegen der hohen Kosten nicht engagiert werden. Die Gemeindeverwaltung entschloß sich daher, eine moderne Rundfunk- und Schallplattenübertragungsanlage mit Lautsprechern auf dem Konzertplatz aufzustellen. "Die nach künstlerischen Gesichtspunkten zusammengestellten Schallplattenkonzerte fanden als Ergänzung der an Wochenenden von Stolper Kapellen veranstalteten Kurkonzerte recht guten Anklang. Sie waren gut besucht." In der Zeit von 1936 bis 1939 entstand das Lichtspieltheater an der Stolper Straße. Auch sonst wurde zur Unterhaltung der Badegäste viel getan. Im Lesezimmer im Warmbad lagen viele Tageszeitungen und Zeitschriften aus. Einmal in der Saison wurde ein Strandburgenwettbewerb durchgeführt. Die von der Jury auserwählten drei schönsten Burgen wurden prämiert. Eine besondere Attraktion war jährlich das Feuerwerk, das am Strand unter Zuhilfenahme der Ostmole abgebrannt wurde. Da waren nicht nur die Badegäste und die Stolpmünder Zuschauer, sondern auch aus Stolp und Umgebung kamen viele, die sich das Schauspiel nicht entgehen lassen wollten.

Von alledem, so schrieb dreißig Jahre später der Stolpmünder Bürgermeister Dr. Conrad, ist nur die Erinnerung geblieben.

Eine bunte Geschäftswelt, Handels-, Handwerks- und Gewerbebetriebe, gehörten zum Wirtschaftsleben des kleinen Hafen- und Fischerortes. Sie dokumentieren Bürgerfleiß und Schaffenskraft wie überall im deutschen Osten. Für einen Augenblick will es scheinen, daß die Zeit stehen geblieben sei, wenn wir sie hier mit den Namen der letzten Besitzer Revue passieren lassen:

Bäcker: J. Albrecht, Joh. Bartz, Kurt Hellwig, Osk. Jantz, Erwin Rahn, P. Schlawin, jun. O. Vanselow, Wilhelm Warth, H. Züge
Baugeschäfte: Emil Vandreier, Baugeschäft und Dampfsägewerk Ernst Willer
Baustoffhandlung: Otto Schulz
Baugesellschaft: Bauverein Stolpmünde EGmbH
Brennmaterialien: Paul Gawens
Brunnenbauer: Theresia Gerlitz
Buchhandlung: Gertrud Erich
Chemische Fabrik: Leman's Original-Artikel chemisches und Dental -Laboratorium Gebr. Eugen Leman (Zentrale im Ostseebad Zoppot)
Dachdeckungsgeschäft: Willi Fähnrich
Drogenhandlung: Hafendrogerie Bruno Grünert
Eisen- und Stahlwarenhandlungen: Colonial- und Eisenwarenhandlung Bernhard, Reinhard Schaldach, Otto Schulz und Gebr. Walde
Elektr. Installationen: B. Klemz, A. Prill und W. Ruschke
Fahrradhandlungen: O. Klütz und Artur Lübke
Feinkosthandlungen: Hans Altrock und Gertrud Walter
Fischgroßhandel: Paul Brick, Fischverwertungs-Genossenschaft Stolpmünde EGmbH. Gottfried Friedrichs (Zentrale in Seestadt Pillau), Gebr. Hübner, vorm. Carl Bolduan, Alfred Pagel, Margarete Pautzsch, Hermann Schmiedeberg, Louis Schwarz & Sohn und Willi Seils
Fischhandlung: Karl Hübner
Fleischer: Johannes Bodtke, Ernst Denzer, Erich Grunz, Fritz Meyer und Max Mischke
Friseure: Fr. Junghans, E. Lange, Fr. Leisering und Erich Neubauer
Fuhrwesen: Kerl Marz, Emil Püttelkow, Arthur Runge, O. Bauske, O. Liedtke, Karl Manzke und Herbert Stiemert
Gartenbaubetriebe: W. Dunkel, Paul Jaffke, Fritz und Ella Peth, J. Schulz, M. Schulz und J. Sopke
Geldinstitut: Kreissparkasse des Landkreises Stolp
Glaser: Leo Gemkow
Glas- und Porzellanwaren: Ewald Albrecht und Arthur Schmidtke
Handelsvertreter: Gustav Dollase
Ingenieur und technisches Büro: H. Stubbe
Kies- und Sandgewinnung: Max Felber
Kistenfabrik: Max Felber
Klempner: Hans Kaulitz, Gg. Potratz und Joh. Tietz
Kolonialwarenhandlungen: K. Bier, K. Duske, Erich Gerling, Heinz Henke Kaffee, Konfitüren und Kolonialwaren, Julius Klötzer, Heinrich Köhler, die Konsum- und Spargenossenschaft für Schlawe und Umgebung EGmbH (Zweigniederlassung), G. Moldenhauer, Margarete Pobloth, Herrmann Vorbau, Inh. Witwe Auguste Vorbau
Konditoreien: J. Kalff und Herbert Muche
Kunstgewerbl. Werkstätten: Helene Knuth
Landesprodukte: Max Nork und der Stolper Landwirtschaftliche Ein- und Verkaufsverein EGmbH
Maler: E. Küttner, O. Lämmerhirt und Br. Napiontek
Manufaktur- und Modewarenhandlungen: Siegfried Müller und die Walter Pachur GmbH
Maschinenfabrik: Stolpmünder Maschinenfabrik Wieking, Maassen & Co.
Molkerei: Molkereigenossenschaft EGmbH
Mühlen: Otto Stubbe, Stolpmünder Mühle
Obst- und Südfruchthandlung: Paul Jaffke
Omnibusbetriebe: H. Bottke
Pelztierfarmen: Walt. Eggebrecht, Willi Hischke, Otto Klütz, Rudolf Pautzsch, Alb. Peters, Ludw. Schulz und Georg Schwarz
Posamentierwaren: Hedwig Ahl, Ewald Albrecht, Elise Bühling und Gustav Wollny
Photograph. Ateliers: H. Harder, jun. Frz. Reinke und Emilie Schulte-Heuthaus
Putz- und Modewaren: Frieda Karth
Reedereien, Schiffsmakler und Schiffsabfertigung: C. E. Geiß und F. W. Koepke
Sägewerk: Baugeschäft und Dampfsägewerk Ernst Willer
Sattler: Walter Böhnke
Schlosser: O. Denzin und Artur Lübke
Schmiede: Willi Grunst, Püttelkow und Th. Suschke
Schneider: E. Falsett, W. Fregin, E. Gemkow, E. Jantz, K. Klix, Hermann Voll und A. Wolff
Schneiderinnen: Helene Fregin, Anna Lemm, Emma Scheil und Erna Zorn
Schokoladen und Zuckerwaren: Gertrud Walter
Schornsteinfegermeister: R. Corinth
Schuhhandlungen: Fritz Albrecht, Inh. Elisabeth Pagel und Karl Kronenberger
Schuhmacher: P. Hesse, F. Klemm, Frl. Lück und O. Motschall
Seilerei: Siegfried Massel
Spediteure: Paul Gawens (bahnamtl.), und Emil Tews, Inh. Albert Liedtke
Spiritusgroßhandlung: Pommersche Spiritus- Verwertungsgenossenschaft EGmbH
Steinsetzmeister: Gust. Buss
Stellmacher: Richard Völkner
Tapezierer: M. Bohnke
Tischler: K. Gutzmann, P. Höppner, E. Kruggel, W. Radel, H. Scharn, F. Schmidt, A. Uibel und K. Wendt
Töpfer: Fritz Lubitz und Br. Scheil
Uhrmacher: A. Harder und A. Wudtke
Viehhandlung: Bernhard Gustke
Weinhandlung: J. B. Kalff
Zeitschriften: Kurliste f. d. Ostseebad Stolpmünde
Zigarrenhandlungen: jun. Frz. Reinke, Richard Rüssmann und Einzelhandel und Großhandel W. Tonn
Zimmermeister: W. Jenssen

Straßenpartie in Stolpmünde

Einige Geschäfte mußten nach 1933 schließen. Es handelt sich um das Konfektionsgeschäft Margarete Blumenthal in der Bahnhofstraße, die Produktenhandlung Dettmar Löwenthal in der Schulstraße und die Filiale von Tuchler und Neumann (Stolp) in der Bahnhofstraße.

Eine vergleichsweise geringe Rolle spielte die Landwirtschaft. Im Jahre 1939 gab es in Stolpmünde insgesamt 90 landwirtschaftliche Betriebe, die sich wie folgt zusammensetzten:

71 mit 0.5 bis unter 5 ha
12 mit 5 bis unter 10 ha
13 mit 10 bis unter 20 ha
5 mit 20 bis unter 100 ha
1 mit über 100 ha

Bei dem Großbetrieb handelte es sich um den 716 ha großen Besitz des Herzogs von Croy-Dülmen. Er bestand zu 239 ha aus Wald und zu 477 ha aus Unland. Im letzten Güteradreßbuch werden als Bauernhofbesitzer genannt:

Reinhold Kuhse 22 ha Gottfried Schulz 29 ha
Heinrich Reetzke 23 ha
und in Hohenhagen:
Heinz Bolko Boenisch 88,5 ha Hugo Prieske 23 ha

Der durchschnittliche Grundsteuerreinertrag auf ein Hektar lag mit 4,09 RM unter dem Kreisdurchschnitt (5,95 RM).

Die Gründung der ersten Kirche in Stolpmünde geht auf das Jahr 1355 zurück. Sie wurde St. Johannes bapt. et St. Nicolai geweiht und als Filial Wintershagen zugeordnet. "Mit der Gründung der beiden Kirchen, ihrer Weihe zu Ehren St. Johannes des Täufers, des Kamminer Diözesanpatrons, wollte Kammin im feierlichen Beisein von zwölf auswärtigen Bischöfen sein Besitzrecht auf Land Stolp gegen die Ansprüche des Erzbistums Gnesen dokumentieren" (Heyden). Die alte Nikolaikirche mit ihren 250 Sitzplätzen genügte schon 1850 nicht mehr. So wurde 1885/86 eine neue große Kirche gebaut, die 720 Sitzplätze hatte und deren Baukosten sich auf 77000 Mark beliefen. Die Einweihung der neuen Kirche erfolgte am 10. Juli 1888 durch Konsistorialrat Wilhelmi aus Stettin, der die Weiherede hielt, und Superintendent Riemer, Stolp. Aus alter Zeit ist der barocke Altaraufbau, dessen Mittelteil die Kanzel einnahm, erhalten geblieben. Im Turm befand sich ein überlebensgroßes Kruzifix aus Holz, roh geschnitzt und mit Leinwand überzogen. Die Figur war offensichtlich sehr alt. In einem Glaskasten war ein schönes Schiffsmodell aufgestellt: "ist der Kirche geschenkt Anno 1682 vom Schiffer Mathias Brandten". Ein zweites hing freischwebend in der Kirche. Das Orgelwerk war eines der schönsten, das der bekannte Orgelbauer Völkner aus der Nachbargemeinde Dünnow gebaut hatte.

Seit Errichtung der Parochie Wintershagen im Jahre 1355 wurde Stolpmünde als Filial von dem vier Kilometer entfernten Pfarrsitz aus betreut. Nach Heyden erscheint es zweifelhaft, ob es noch zu Ende des 16. Jahrhunderts im Filialverhältnis geblieben ist. "Jedenfalls deutet die Visitation nebst Abschied von 1590 und die Matrikel von 1596 auf eine gewisse Selbständigkeit." Im 19. Jahrhundert verschob sich das Verhältnis; während Stolpmünde schnell wuchs, ging die Einwohnerzahl von Wintershagen schnell zurück. Die Verlegung des Pfarrsitzes von Wintershagen nach Stolpmünde wurde daher unumgänglich, zumal auch das alte Pfarrhaus in Wintershagen verfiel. "Der rege Schiffsverkehr im Hafen von Stolpmünde hat ferner Seemannsmissionsarbeit nötig gemacht, die auch von dem fernen Pfarrort nur mit großen Schwierigkeiten geleistet werden kann." Am 26. November 1908 wurde daher endgültig beschlossen, den Pfarrsitz von Wintershagen nach Stolpmünde zu verlegen. Im folgenden Jahr wurde das neue Pfarrhaus in der Villenstraße Nr. 7 errichtet und mit Wirkung vom 1. Oktober 1909 der Pfarrsitz nach Stolpmünde verlegt. In der Genehmigungsurkunde war in der ursprünglichen Fassung von der jetzigen Parochie Wintershagen künftig "Parochie Stolpmünde" die Rede. Doch die endgültige Fassung lautete: "Der Sitz der Pfarrstelle der pfarramtlich verbundenen evangelischen Kirchengemeinden Wintershagen und Stolpmünde … wird von Wintershagen nach Stolpmünde verlegt." So hieß das Kirchspiel denn auch künftig Wintershagen oder Wintershagen-Stolpmünde. Seit 1909 haben in Stolpmünde als Pastoren gewirkt:

Ernst Gotthold Krüger 1905/09 bis 1922
Hans Borkenhagen 1922 bis 1928
Martin Simon 1928 bis 1945

Das Kirchspiel Wintershagen-Stolpmünde hatte 1940 drei eingepfarrte Ortschaften und insgesamt 5157 Gemeindemitglieder. Eingepfarrt waren die Kirchengemeinde Wintershagen sowie die Ortschaften Nesekow und Strickershagen. Das Patronat von Wintershagen wurde von Frau Rittergutsbesitzerin von Uckermann-Groß Machmin als der allein Wahlberechtigten und von Geheimrat Dr. Boenisch-Hohenhagen ausgeübt. Das Patronat von Strickershagen war frei. Als Kirchspiel gehörte Stolpmünde zum Kirchenkreis Stolp-Stadt. Der Ort war überwiegend evangelisch. Im Jahre 1925 hatte Stolpmünde 80 Bewohner katholischer Konfession (2,1 v.H.), drei Juden (0,1 v. H.) und sieben Bekenntnislose (0,2 v. H.).

Erste Nachrichten über eine Schule in Stolpmünde liegen im Visitationsbefund vom 28. Juli 1590 und aus dem Jahre 1729 vor. Ein eigenes Schulhaus wird 1752 genannt. Im damaligen Visitationsprotokoll heißt es: "Ein eigen Schulhaus ist vorhanden und ein beständiger Schulmeister wird Sommers und auch Winters Schule halten, wiewohl nicht alle Eltern ihre Kinder ordentlich schicken." Im Jahre 1779 brannte das Schulhaus nieder. Der älteste uns bekannte Lehrer war der Schulhalter Mademann. Für die beiden Schulklassen wurde 1843 ein neues Schulhaus gebaut und 1858 eine dritte Klasse eingerichtet. Der weitere Weg ging dann 1867 über die vierte, 1875 über die fünfte und 1906 über die siebente Schulklasse. In den Jahren 1911 bis 1912 entstand ein moderner Schulneubau. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden der Gemeindeschule Mittelschulklassen mit wahlfreiem Lateinunterricht angegliedert und 1929 die ersten Reifezeugnisse der Mittelschule erteilt. Die Mittelschule wurde dann aber 1931 wegen zu hoher Kosten aufgelöst. Dagegen wurde der Berufsschulunterricht 1933 wiederaufgenommen. In der im Jahre 1932 achtstufigen Volksschule unterrichteten elf Lehrer in vierzehn Klassen 480 Schulkinder. Die Schulleiter waren: seit 1903 Hauptlehrer Karl Notzke, der 1910 zum Rektor ernannt wurde, und ab 1925 Rektor Bahr. Dazu kommen Hardt, Wilhelm Hellwig, Wilhelm Horn, Liesbeth Krüger, Kierzmann, Franz Mielke, Edith Plath, Heinz Scharn.

In den 20er Jahren gab es in Stolpmünde in der Schule eine Behelfsjugendherberge mit 30 bis 50 Lagern, die Lehrer Mielke unterstand. Nach 1933 entstand eine neue Jugendherberge, die den Namen "Fürst Blücher" erhielt.

Im letzten Kriegswinter 1945 wurde Stolpmünde für Tausende von Flüchtlingen aus dem Baltikum, aus Memel und Königsberg zum rettenden Hafen. Viele Schiffe legten hier an, die Flüchtlinge gingen an Land und wurden mit der Bahn abtransportiert. Insgesamt sollen es bis Anfang März 4632 Menschen gewesen sein. Die örtliche NSV-Station half den Flüchtlingen mit Verpflegung und Unterkunft.

Nach der Abschnürung Ostpommerns vom übrigen Reichsgebiet strömten die Menschen, Flüchtlinge und Einheimische, ganze Kolonnen herbei mit dem Ziele, von hier aus das westliche Reichsgebiet noch mit dem Schiff zu erreichen. Die Kriegsmarinedienststelle Danzig stellte Schiffsraum zur Verfügung, und Fregattenkapitän Kolbe, der Marine-Sachbearbeiter beim Wehrbezirkskommando Kolberg, wurde mit der Organisation des schnellen Abtransports beauftragt. Die Lage spitzte sich in den letzten Tagen vor der Besetzung dramatisch zu. Die ersten angeforderten Schiffe kamen im Laufe des 6. März an, um 250 Verwundete, 60 Schwestern, die Ärzte und das Sanitätspersonal des aus Stolp evakuierten Lazaretts zu übernehmen. Im Hafen lagen Tausende von Flüchtlingen, die trotz Schnee und Eis auf den Abtransport warteten. Doch Schiffskarten erhielten nur Flüchtlinge aus Ost- und Westpreußen und die aus dem Rheinland Evakuierten sowie einige kinderreiche Familien. Bis zum 6. März wurden weitere 5600 Flüchtlinge aus Stolpmünde abtransportiert.

Die Hindenburghöhe östlich von Stolpmünde

Am 7. März - dem letzten Tag vor der Besetzung - erreichte das Geschehen seinen Höhepunkt. Ganz deutlich schon hörte man die Abschüsse und Einschläge der Artillerie und den Gefechtslärm der nahen Front. Die Kriegsmarinedienststelle Danzig hatte den "erhöhten Anlauf" der Schiffe zu 7 Uhr morgens angesetzt. Ein großer Teil der Schiffe traf schon in der Nacht ein. Im Hafen lagen schließlich 14 Schiffe: die Dampfer "Söderhamm" (1499 BRT), "Reiher" (1304 BRT), "Nautik" (1127 BRT), "Pickhuben" (999 BRT), "Karlsruhe" (897 BRT), das Navigationsschiff "Nadir" ex "Schwalbe" (842 BRT), das Navigationsschiff "Oktant" (800 BRT), die "Kolberg" (693 BRT), die "Amrum" (670 BRT), die "Martha Geiss" (531 BRT), das Schulschiff "Nordpol" ex "Siegfried" (500 BRT), das Navigationsschiff "Sextant" (198 BRT), die "Bernd" und die "Vicking". Ferner standen Saugbagger "Stolpmünde", 24 Marine-Fischkutter sowie Fahrzeuge der 5. Sicherungsflottille für den Abtransport zur Verfügung. Die Schiffe wurden über und über mit Flüchtlingen belegt. Wegen des Sturmes blieben sie vorerst im Hafen liegen. Als im Laufe des Abends die Front näher an den Ort herankam, verließ ein Teil der Schiffe trotz der Sturmgefahr den Hafen. Insgesamt waren es zehn Schiffe mit 4820 Flüchtlingen an Bord. Am folgenden 8. März gingen auch die restlichen Schiffe mit 7890 Flüchtlingen an Bord trotz heftiger Sturmböen in See, da die Russen schon sehr nahe an den Ort herangekommen waren. Ein vollbesetzter Fährprahm, der sich als letzter der langen Kette der Schiffe anschloß, wurde auf offener See in die Tiefe gerissen. In den letzten Tagen sind aus Stolpmünde noch 18310 Flüchtlinge, Soldaten und Verwundete herausgekommen, seit dem 15. Januar insgesamt 32780 Menschen. Dies ist eine hervorragende Leistung der Deutschen Kriegsmarine. Insgesamt wurden damals vier Millionen Deutsche aus dem Osten vor den heranrückenden Russen und Polen gerettet.

In den frühen Morgenstunden des 8. März fand in Stolpmünde eine letzte Lagebesprechung mit dem Kampfkommandanten und Fregattenkapitän Kolbe statt. Der Kommandant hatte Befehl, sich um 9 Uhr nach Osten abzusetzen. Eine schwache Nachhut unter Führung von Oberleutnant Gellert sollte noch bis 11 Uhr zurückbleiben und sich dann ebenfalls zurückziehen. Auf dem Schießplatz wurden alle militärisch wichtigen Anlagen zerstört. Am frühen Morgen wurden die Straßenbrücke über die Stolpe nach Dünnow, die Eisenbahnbrücke und die Geschütze an den Ortszugängen gesprengt. Als gegen 10 Uhr MG-Feuer zu hören war, erhielten die letzten noch im Hafen liegenden Schiffe Befehl, trotz des Sturmes sofort auszulaufen. Einige manövrierunfähige Küstenfahrzeuge wurden versenkt, die im Zerstörungsplan vorgesehenen Objekte gesprengt und die Hafeneinfahrt durch einen versenkten Leichter gesperrt. Dann setzten sich der Hafenkapitän, der Chef der 6. Sicherungsflottille sowie Oberleutnant Gellert und das Spreng-Kommando mit U-Jäger 120 nach Swinemünde ab. In letzter Minute lief noch ein U-Boot in den menschenleeren Hafen ein, um einen Tauchschaden zu beheben. Dem Kommandanten wurde von einem Posten der Kriegsmarinedienststelle die gefährliche Situation erläutert. Man ließ die Zurückgebliebenen einsteigen, und das Boot ging sofort wieder in See. In panikartiger Flucht verließen 3000 Flüchtlinge den Ort auf den Ausfallstraßen in Richtung Osten. Ein Fluchtweg führte entlang der Küste nach Schönwalde, der andere über Strickershagen und Weitenhagen nach Gambin. Auch die mit Pferd und Wagen Flüchtenden wurden schon nach Stunden oder Tagen von den schnell vorstoßenden Russen eingeholt.

Von Westen und Süden rückten die Sowjets am 8. März gegen 15.30 Uhr in Stolpmünde ein. Als erstes erschien ein Stoßtrupp Mongolen mit schußbereiten Maschinenpistolen im Hafen. Ihnen bot sich ein Bild der Zerstörung. An den Kais lagen unversehrt Tragflächen von Flugzeugen und sonstiges Material herum, das noch ab transportiert werden sollte, dazu Berge voller Koffer und Gepäck. Auf dem Schießplatz sah es nicht viel anders aus: Zerstörungen überall, aber auch unzerstörtes Kriegsmaterial, zum Teil in Kisten sauber verpackt. Neben vielen Stolpmündern erlebten auch viele Flüchtlinge aus Ost- und Westpreußen nun die Schrecken der russischen Besatzungszeit. Es kam wie überall zu Erschießungen und Vergewaltigungen. "Erschossen wurden: Herr Berndt, Herr Dohse - erstochen: Herr Baerwaldt - spurlos verschwunden: Herr Elfmann - an den Folgen der Verschleppung verstorben: Herr Schwarz, Felber, Herzberg, Ruske, Wollny (den Tod dieser Menschen kann ich Bezeugen)." Viele Bewohner wurden von den Russen verschleppt und kehrten nicht zurück. Die von den Russen festgenommenen Personen erlebten in den provisorisch eingerichteten Gefängnissen grauenhafte Vernehmungen, die jeder Beschreibung spotten. Schlimm waren auch die Vergewaltigungen der Frauen. Am 1. August 1945 übernahmen die Polen die Verwaltung des Ortes. Eine Schreckensherrschaft löste damit die andere ab. "Die Behandlung durch die Polen war härter, rachsüchtig, viel Diebstahl ... Viele Männer sind von den Polen verhaftet, verhört und schwer mißhandelt worden, unter ihnen Potratz, Angestellter bei der Gasanstalt, und Lehrer Pinz aus Hohenstein bei Stolpmünde. Pinz soll im Naugarder Zuchthaus gestorben sein. Meine Frau wurde im Februar 1946 von rachsüchtigen Polen bei der Miliz denunziert und von dieser so geschlagen, daß sie ein Vierteljahr lang von dem polnischen Arzt in Stolpmünde behandelt werden mußte." Mit dieser Art von Behandlung wurde die Vertreibung der Stolpmünder Bevölkerung systematisch vorbereitet.

Das Lehmannsche Haus (die früher Scheunemannsche Villa) in der Villenstraße war Sitz der polnischen Geheimen Staatspolizei. Die Keller dienten als Gefängnis. In diesem Haus wurden viele Deutsche entsetzlich gequält und gefoltert. Pastor Schreiber aus Dünnow, der nach der Flucht von Pastor Simon auch in Stolpmünde predigte, wurde zweimal verhaftet. Die Polen sperrten ihn vom 12. bis 19. Oktober 1945 und vom 6. bis 13. Januar 1946 im Gefängnis ein. Elsbeth Scheil, die jahrelang im Pfarrhaus Dünnow tätig gewesen war, arbeitete in Stolpmünde als Pfarrhelferin. Auch sie wurde von polnischer Miliz in Haft genommen. Pastor Schreiber mußte fortan jede Predigt, die er halten wollte, vorher bei der polnischen Geheimpolizei einreichen. Als die Polen 1945 in Scharen von Pommern Besitz ergriffen, war auch die polnische Geistlichkeit mit von der Partie. Ein polnisches Pfarrhaus wurde eingerichtet. Der erste polnische Pfarrer bemühte sich wenigstens äußerlich "um Objektivität". Der zweite hatte einen "Laienbruder" zur Seile, der die Deutschen arg schikanierte und oft in wenig christlicher Weise unter seinem geistlichen Gewand den Revolver hervorholte. Die polnischen Geistlichen hatten ihr Domizil in der Villenstraße, schräg gegenüber der polnischen Geheimpolizei, wo die Deutschen drangsaliert wurden. Sehr segensreich hat in dieser Notzeit Bäcker Barz gewirkt, dessen Bäckerei für die Russen arbeitete und der deshalb unter russischem Schutz stand. Sein Haus war ein wahres Asyl für Arme und Notleidende. Inzwischen kamen immer mehr Polen in Stolpmünde an, und die deutschen Bewohner wurden vertrieben.

In der Nacht vom 3. zum 4. Dezember 1945 wurde ein großer Teil der Bewohner von polnischer Miliz aus den Betten geholt, mit Kolben- und Peitschenhieben zu den bereitgestellten Güterwagen getrieben und über die Oder in den Westen abtransportiert. Ein Stolpmünder Einwohner hat die grauenhaften Ereignisse jener Nacht und die anschließende Fahrt bei eisiger Kälte nach Stettin und Berlin in einem erschütternden Bericht festgehalten. Ein weiterer Transport mit 500 Menschen aus Stolpmünde und Umgebung folgte am 8. Juni 1946. Bei dem Transport am 18. August war auch Pastor Schreiber dabei. Nur drei Güterzüge waren erforderlich, um die Bewohner von Stolpmünde zu vertreiben. Die Heimatortskartei Pommern hat später 2904 vertriebene Ortsbewohner in der Bundesrepublik Deutschland und 427 in der DDR ermittelt. Aus dem prächtigen deutschen Hafen- und Badeort Stolpmünde wurde das polnische Ustka.

Kriegs- und Vertreibungsverluste: 123 Gefallene, 58 Ziviltote und 729 Vermißte ("ungeklärte Fälle").

(Quelle: "Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel)

(Quelle: BBF / DIPF / Archiv, Sammlungen der Gutachterstelle des BIL. Lehrerkartei und Personalbögen.)