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Pommern Wappen

Karzin



Die nördlich von Stolp gelegene Landgemeinde Karzin war ein Gutsdorf. Das Gemeindegebiet bestand aus dem Karziner Wald, Ackerland und einem Wiesental, das von einem Bach, der Faul Beek, durchflossen wird. Die von Schmolsin kommende Kreischaussee führte durch das Dorf hindurch über Lübzow nach Stolp.

Einige Angaben über die Gemeinde Karzin aus der Zeit vor 1945 in Kurzform:

Zugehörige Ortsteile: (4) Heinrichshöhe - Karziner Mühle - Roter Hahn, Forsthaus und Waldarbeitergehöft - Ziegelei

Gemeindefläche in ha 1186
Wohnbevölkerung am 17.Mai 1939 368
Zahl der Haushaltungen 90
Zahl der Wohnhäuser 1925 41
Amtsbezirk Lübzow
Standesamtsbezirk Lübzow
Gendarmeriebezirk Lübzow
Amtsgerichtsbezirk Stolp
Gemeindevorsteher 1931 Kroll
Bürgermeister 1937 Bauer Ewald Kroll
Bahnstation Karzin
Entfernung -(ab Stolp 11,1 km)
Bahnlinie Stolp - Dargeröse bzw. Schmolsin (Kreisbahn)
Poststelle II Karzin
Letzte postalische Anschrift Karzin über Stolp (Pom.)

Der historischen Dorfform nach ist Karzin ein kleines Gassendorf. Aus einer Urkunde aus dem Jahre 1281 entnehmen wir, daß Karzin damals zur Petrikirche in Stolp gehört hat. Herzog Mestwin II. überließ das Dorf dem Kloster Belbuk als Ausstattung für das Prämonstratenser-Nonnenkloster in Stolp. 1389 befand sich Karzin im Besitz von Georg Mitzlaff. 1523 wird Hans Mislaff tho kartzin myt sampt Corth Mislaffs kinderen Darsuluest genannt. Karzin bestand aus drei Anteilen, die bis zum Ende des 18. Jahrhunderts verschiedenen Familienmitgliedern gehörten. Die Hufen-Klassifikation von 1717 enthält die Eintragung:

Besitzer: 1. Capitain Bernhard Daniel von Mitzlaff, 2. Lorentz Rüdiger von Mitzlaff, 3. Carl Gustav von Mitzlaff, 4. Georg von Mitzlaff. Bauern à 1 Lh.: 1. Marten Lämbke, 2. Michel Lämbke, 3. Jürgen Prick, 4. Christian Prick, 5. Jacob Lämbke, 6. Martin Stanck. Cossäthen: 1. Michel Pape, 2. Dinnies Burgund, 3. Hanß Kroll, 4. Dinnies Burgund, 5. Jochim Heise.

Zwei der ursprünglich drei Teile von Karzin gingen 1774 in einem Vergleich an den Major Günther von Göckingh über, und der dritte Teil wurde ihm 1777 überlassen. Er verkaufte das ganze Gut Karzin 1781 der Gemahlin des Johann Ernst Friedrich von Stojentin zu Giesebitz, einer geborenen von Sydow. Karzin hatte um 1784 nach Brüggemann drei Vorwerke, eine innerhalb der Gemarkung des Dorfes gelegene Wassermühle, fünf Bauern, von denen drei sowie die halbe Mühle in Karzin früher zu dem Gut Schwuchow gehörten, vier Kossäten, eine Schmiede, einen Schulmeister und insgesamt 25 Feuerstellen. Seit 1805 wird es im Besitz der Familie von Lettow genannt. Dann kam es 1830 für 38000 Taler an den Oberst Friedrich Ludwig von Sprenger. 1853 kaufte es Adolf von Zitzewitz für 67000 Taler. Im Jahre 1882 erbte Robert von Puttkamer das Rittergut Karzin von dem Bruder seiner Mutter bzw. dessen Frau, einer geborenen von Sprenger. Robert war der zweite Sohn von Eugen von Puttkamer auf Groß Plaut und brachte große Liebe zur Landwirtschaft mit. Der Wunsch des Vaters war es jedoch, daß er die Verwaltungslaufbahn einschlug. Er brachte es zum Staatsminister und Oberpräsidenten von Pommern. Das Rittergut Karzin fiel ihm als bejahrtem Mann zu. Hier hatte er zuletzt seinen privaten Wohnsitz. Nach seinem Tode übernahm sein Sohn Bernhard den väterlichen Besitz. Im Staatsdienst war er Polizeipräsident in Kiel und Stettin. Seit er 1904 den Abschied genommen hatte, bewirtschaftete er das 1900 von seinem Vater ererbte Karzin. Von 1933 bis zu seinem Tode war er Vorsitzender des Geschlechtsverbandes. Die letzte Besitzerin war von 1941 bis 1945 seine Witwe Margarete von Puttkamer aus dem Hause Nipkau. Im Jahre 1938 war das Rittergut 1050 ha groß. Es hatte 373 ha Ackerland, 75 ha Wiesen, 4 ha Weiden, 570 ha Wald und 31 ha Unland, Hofraum und Wege. Der Viehbestand belief sich auf 40 Pferde, 160 Stück Rindvieh, 400 Schafe und 200 Schweine. Außer dem Gut gab es in Karzin 16 landwirtschaftliche Betriebe, die sich wie folgt zusammensetzten:

5 mit 0,5 und unter 5 ha
8 mit 5 und unter 10 ha
3 mit 10 und unter 20 ha



Der durchschnittliche Grundsteuerreinertrag auf ein Hektar lag mit 7,03 RM über dem Kreisdurchschnitt (5,95 RM). Der Gasthof Erwin König und die Ziegelei von Puttkamer waren die einzigen nicht landwirtschaftlichen Betriebe.

Die Gemeinde war evangelisch. Im Jahre 1925 hatte Karzin sieben Bewohner katholi­scher Konfession (1,8 v.H.). Die Gemeinde gehörte zum Kirchspiel Weitenhagen und damit zum Kirchenkreis Stolp-Stadt. In der im Jahre 1932 einstufigen Volksschule unterrichtete ein Lehrer 67 Schulkinder, Es war Alfred Lettow, der 1942 gefallen ist.

In Karzin wurde am 20. April 1853 Otto Knoop geboren, dem die Pommern die Sammlung ihrer Volkssagen, Erzählungen und Märchen verdanken. Die "Volkssagen und Erzählungen aus der Stadt und dem Landkreis Stolp" erschienen 1925 bei Eulitz in Stolp.

Im Februar 1945 wurden auf dem Gut Karzin die verfügbaren Wagen für die Flucht vorbereitet. Doch als die Russen kamen, blieben alle Bewohner in ihrem Heimatdorf zurück. Es wurde am Abend des 8. März von russischer Infanterie besetzt. Außer den Dorfbewohnern befanden sich unzählige Evakuierte aus Stettin, Recklinghausen und Wanne-Eickel im Ort, aber auch Flüchtlinge aus Ost- und Westpreußen. Allein im Gutshaus waren mehrere hundert Personen untergebracht. Die Russen nahmen das Gut in eigene Verwaltung. Im April 1945 gab der russische Kommandant einen unbestimmt gehaltenen Räumungsbefehl, dem aber nur der kleinere Teil der Karziner Bevölkerung nachkam. Einige Familien gingen nach Jeseritz. kehrten jedoch nach ein bis zwei Wochen zurück. Den Russen folgten im Sommer 1945 bewaffnete Polen. Sie setzten einen polnischen Bürgermeister ein und nahmen den Bewohnern die Höfe und Wohnungen. Mitte August 1945 wurde Frau von Puttkamer ausgewiesen und gelangte mit einem Bahntransport nach Düsseldorf-Mettmann. Das Gut behielten die Russen bis 1950 in Besitz. Ein Teil der arbeitsfähigen Deutschen wurde bis dahin auf dem Gut festgehalten. Die übrigen Bewohner wurden nach und nach vertrieben, u.a. auch Bürgermeister Kroll. Die Heimatortskartei Pommern hat später 178 Dorfbewohner in der Bundesrepublik Deutschland und 79 in der DDR ermittelt. Aus Karzin wurde das polnische Karzcino.

Kriegs- und Vertreibungsverluste: 24 Gefallene, 16 Ziviltote und 13 Vermißte ("ungeklärte Fälle").

Literatur

PIl. UB Nr. 330 = PUB II Nr. 1224
A. v. Puttkamer, Staatsminister vonPuttkamer. S. 13
E. v. Puttkamer, Landbesitz, S. 26
E. v. Puttkamer, Geschichte des Geschlechts v. Puttkamer, S. 689, 697
v. Zitzewitz, Familienchronik, S. 60
Ost-Dok. 1 Nr. 173, pag. 243-249

(Quelle: "Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel)

(Quelle: BBF / DIPF / Archiv, Sammlungen der Gutachterstelle des BIL. Lehrerkartei und Personalbögen.)