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Die Besiedlung des Überlaufs

Im Jahre 1813 entstand die erste Siedlung. Der Freimann Peter Neumann stellt einen Antrag auf Überlassung einer Anbaustelle (Kleeflecken mit Knisterbusch bewachsen) im Überlauf an der Brüskower Grenze. Die Stadt überläßt ihm die Parzelle, behält sich aber das Verkaufsrecht vor. Weide, und Holzgerechtigkeit wird ihm ausdrücklich entzogen. Die Niederlassung wird zu Kleinstrellin eingemeindet und Freimann Peter Neumann muß, gleich den Einwohnern von Kleinstrellin, wenn die Reihe ihn trifft, Briefe und Orders tragen, bei Kirchen- und Pfarrbauten Hand- und Spanndienste tun und überhaupt alles leisten, was Land und Dorfgebrauch ist. Peter Neumann und seine Erben müssen sich ruhig und friedfertig betragen und zu keinen begründeten Beschwerden oder Unordnungen Anlaß geben, widrig falls der Magistrat befugt ist, ihn gegen Bezahlung der Tage des Katens aus dem Besitz zu setzen. Auch darf er keine Fremden oder liederliches Gesindel bei sich aufnehmen. Für dies alles muß er jährlich ein Grundgeld von 10 Reichstalern in grobem Silbercourant und zwar von Michaeli 1812 an, zahlen. - Durch diese erste Siedlung ist der Rat der Stadt wohl auf den Gedanken gekommen, den Überlauf zu besiedeln. Um 1820 meldeten sich mehrere baulustige Personen beim Stolper Magistrat und baten um die Erlaubnis, sich im Überlauf niederzulassen. Die Forstkommission der Stadtkämmerei machte daher dem Magistrat den Vorschlag, einige Parzellen aus dem Überlauf auf Erbpacht auszutun. Nachdem das Einverständnis hierzu von der königl. Regierung zu Köslin eingeholt worden war, erließ die Stadt unter dem 29. Mai 1823 folgendes Publikandum. (Öffentlicher Anzeiger der Kgl. Reg. Zu Köslin.)

Zur besseren Kultur einer Strecke in der Kämmereiforst - Überlauf genannt - bei Kleinstrellin befindlichen mit Bäumen und Strauch bewachsenen, zur Forst sich nicht eignenden Forstgrund von 50 Morgen und Verbesserung der Kämmereieinkünfte haben wir, in Übereinstimmung mit den Stadtverordneten, es für nützlich gehalten, diesen Boden in Parzellen von 2, 3 und 4 Morgen gegen Erlegung eines jährlichen Kanons erblich auszutun, und deshalb einen Termin auf den 7. Juli 1823, vormittags 10 Uhr allhier zu Rathause angesetzt, wozu wir Personen welche sich in dieser Gegend anbauen wollen einladen. Die näheren Bedingungen sind jederzeit zu Rathause einzusehen.

Stolp, den 29. Mai 1823
Der Magistrat.

Dies Schreiben war angeschlagen an der Rathaustafel, an der Pfarrkirche, an der Schloßkirche, am Holstentor, am Mühlentor und am Schmiedetor. Veröffentlicht ist dies Publikandum auch im Öffentlichen Anzeiger der königl. Regierung zu Köslin vom 11. Juni 1823. Außerdem wurde die Bekanntmachung an die Kirchentüren der umliegenden Dörfer angeschlagen.

Zu dem Termin war eine große Anzahl Käufer erschienen. Der Rat der Stadt hielt aber sehr darauf, daß sich ordentliche Käufer im Überlauf ansiedelten, darum mußte jeder Käufer ein Führungszeugnis des Gemeindevorstehers vorlegen. Es wurden damals 10 Siedlungen angelegt. Die Stadt unterstützte die ersten Siedler mit Bauholz und war ihnen hilfreich, bei der oft sehr schwierigen Urbarmachung des Waldbodens. Stillschweigend gewährte sie diesen ersten Siedlern für ein geringes Entgeld auch Weidegerechtigkeit, doch machte die Stadt hiermit trübe Erfahrungen; denn später, als nach und nach der ganze Überlauf abgeholzt und besiedelt wurde und keine Weide mehr vorhanden war, forderten die Bewohner eine Entschädigung. Der Magistrat berief sich aber auf die abgeschlossenen Verträge, in denen de>n Pächtern die Weidegerechtigkeit nicht zustand.

Die zu dieser Zeit entstandenen Siedlungen liegen an der Nordseite der jetzigen Chaussee westlich der Bahnstrecke. An der Südseite durfte nicht gesiedelt werden, weil dort eine städtische Ziegelei angelegt werden sollte. Auf zwei Gehöften finden wir heute noch die Nachkommen der ersten Siedler und zwar Familie Rahn und die Nachkommen von Peter Neumann, Familie Groth. Alle anderen haben inzwischen ihren Besitzer gewechselt. Manch einer gab nach kurzer Zeit die harte, schwere Arbeit auf, den lehmigen Wald- und Sumpfboden urbar zu machen und trat seine Erbpachtung an andere ab.

Diese erste Siedlung war äußerst klein. 50 Morgen Land waren unter 10 Siedler verteilt, so daß die einzelnen Parzellen 2 bis 8 Morgen groß waren. Hierauf konnten sich die Bewohner allerdings nicht ernähren. Sie traten deshalb an den Magistrat heran und baten ihn, doch noch weitere Strecken abholzen zu lassen und ihnen in Erbpacht zu geben. Der Magistrat kam ihrem Wunsche nach und ließ im Jahre 1830 weitere 90 Morgen wüstes Land zur Urbarmachung in Erbpacht vergeben. Die Bekanntmachung des Termins geschah in derselben Weise wie 1823 durch Anschlagen, außerdem erschien sie auch schon in dem Wochenblatt der Stadt Stolp (Zeitung für Ostpommern) in der Sonnabend-Nummer vom 9. Oktober 1830. Teilweise wurden die neuen Parzellen von den ersten Siedlern noch zugepachtet, aber es wurden auch eine Anzahl neuer Stellen eingerichtet, so daß nach einer Zusammenstellung im Jahre 1835 142 Morgen Land in Kultur genommen waren.

Die Besiedlung ging aber weiter. Im Jahre 1844 wurden wieder 110 Morgen Land urbar gemacht und besiedelt. Die letzte und größte Siedlung war im Jahre 1847, als 590 Morgen Land zur Urbarmachung abgeholzt wurden. Es handelt sich hauptsächlich um den Teil des Überlaufs, der östlich der Bahnstrecke Stolp - Stolpmünde liegt, den sogenannten Schloßberg. Vollständig ist die Abholzung hier nicht vorgenommen worden. Die herrlichen Buchenwaldungen an der Berglehne des Stolpetales sind verschont geblieben. Das ist den damaligen Stadtvätern von Stolp zu verdanken. In einer Eingabe vom Jahre 1851 verwendeten sich die Stadtverordneten beim Magistrat dafür, daß die Abholzung des Schloßberges seiner landschaftlichen Schönheit wegen unterbleiben möge. Der Magistrat gibt diesem Antrage statt. Noch heute freuen sich viele Stolper Ausflügler des herrlichen Weges von der Samlowermühle im Stolpetal entlang nach Arnshagen. Zur linken Hand begleitet sie auf diesem Wege die herrlich bewaldete Berglehne mit dem Schloßberg von Überlauf.

Im "Stolper Wochenblatt" vom 21. 8. 1847 erschien dann wieder eine Bekanntmachung über Landverkauf in Überlauf. Um weitere Kreise zu interessieren, erschien dieselbe Bekanntmachung auch im "Lauenburger Kreisblatt" und im "Öffentlichen Anzeiger" der königlichen Regierung zu Köslin.

Mit dem Jahre 1850 tritt nun eine grundlegende Änderung in dem Eigentumsverhältnis der Siedler ein. Die Stadt gibt nichts mehr in Erbpacht, sondern verkauft die Parzellen an ihre Besitzer. Auch die alten in Erbpacht gegebenen Gehöfte werden von den Besitzern in den folgenden Jahren käuflich erworden, so daß bald alle Siedler freie Eigentümer wurden.

1932 wohnen auf dem zirka 800 Morgen großen Überlauf mehr als 80 Familien. Ihr Besitztum ist nicht groß, doch nützten sie es bis ins kleinste aus. Die meisten Bewohner sind Handwerker, die auswärts arbeiten, während Frau und Kinder das kleine Eigentum bewirtschaften. Der Boden ist in früheren Jahren sehr schwer zu bearbeiten gewesen, weil er meistens aus undurchlässigem Lehmboden besteht. 1932 ist der weitaus größte Teil des Ackers entwässert. Auch die Ernteerträge sind mit den Jahren reichlicher geworden. Das sehen wir auch an den neuen Scheunen und vergrößerten Wirtschaftsgebäuden, neben denen sich das alte Wohnhaus oft recht winzig ausnimmt. Dieser Umstand zeugt davon, daß die Bewohner stets bestrebt waren zunächst in ihrer Wirtschaft vorwärts zu kommen, ihre persönlichen Bequemlichkeiten mußten nachstehen. Alte, eingesessene Familien sind hier wenige vorhanden. Die kleinen Grundstücke sind oft verkauft worden und dadurch sind hier Menschen aus allen Gegenden zusammengewürfelt worden. Die Gehöfte liegen fast alle einzeln und in lockeren Reihen. Mitten durchs Dorf geht die Eisenbahnstrecke Stolp - Stolpmünde.

Die Stadt Stolp hat mit der Gründung des Dorfes Überlauf, also schon vor mehr als hundert Jahren, den Siedlungsgedanken praktisch durchgeführt.

Hinter den folgenden Links finden sie weitere Informationen und Episoden aus der Vergangenheit Überlaufs

Burgwall Brand Holzfaeller