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Pommern Wappen

Zitzewitz



Auf fast ebener Grundmoräne liegt in einem in den Kreis Schlawe hineinragenden Landzipfel westlich von Stolp die Gemeinde Zitzewitz. Weite Ackerflächen umgaben das Dorf nach Norden zu, während im Süden des Gemeindegebietes Wald, Felder und Wiesen wechselten. Die Wiesen reichten an das Gut und die Häuser des Dorfes heran. Von Stolp aus führte die Schlawer Chaussee (Reichsstraße 2) über Ulrichsfelde und Zitzewitz nach Schlawe.

Einige Angaben über die Gemeinde Zitzewitz aus der Zeit vor 1945 in Kurzform:

Zugehörige Ortsteile: (6) Fichtkaten - Grenzhof, Vorwerk - Mühle - Sophienkaten - Zitzewitz, Bahnhof - Zitzewitz, Molkerei

Gemeindefläche in ha 1212
Wohnbevölkerung am 17.Mai 1939 515
Zahl der Haushaltungen 114
Zahl der Wohnhäuser 1925 60
Amtsbezirk Gatz
Standesamtsbezirk Gatz
Gendarmeriebezirk Kublitz
Amtsgerichtsbezirk Stolp
Gemeindevorsteher 1931 Albrecht
Bürgermeister 1937 Bauer Wilhelm Witt
Nächste Bahnstation Zitzewitz
Entfernung -(ab Stolp 13,4 km)
Bahnlinie Stettin - Groß Boschpol - Danzig (Rechsbahn)
Poststelle I Zitzewitz
Letzte postalische Anschrift Zitzewitz (Kr. Stolp)

Der historischen Dorfform nach ist Zitzewitz ein kleines Gassendorf. Aus vor- und frühgeschichtlicher Zeit stammt die Burgwallanlage des Schloßberges südwestlich des Dorfes. Zitzewitz, das den Namen des gleichnamigen Geschlechts trägt, war alter Zitzewitzscher Lehnsbesitz. Peter von Zitzewitz gehörten 1410 bei seinem Tode Zitzewitz und Kussow. 1523 wird Peter Zitzeuitze tho Zeitzeuitze genannt. Der 1585 geborene Georg von Zitzewitz ist der Begründer des zweiten Zitzewitz-Zezenower Zweiges und der Stammvater sämtlicher noch lebender Zitzewitz von der zweiten Linie. Nach seinem Tode wurde Zitzewitz in die Güter A und B geteilt, blieb aber bis 1945 im Besitz der von Zitzewitz. Die Hufen-Klassifikation von 1717 enthalt die Eintragung:

Besitzer: Lieutn. Claus v. Zitzewitz, Cornet Jürgen v. Zitzewitz Erben, modo (früher) Capt. Jacob Jürgen v. Zitzewitz. Bauern à ¾ Lh.: 1. Marten Elert, 2. Jochim Halfpape, Michel Brußke, 4. Friedrich Martcke, Krüger, 5. Jürgen Elert, 6. Jochim Elert, 7. Jacob Neumann, 8. Lorenz Höpner sen. Cossäthen: 1. Hanß Neumann. 2. Jochim Höpner, Schmied.

Zitzewitz hatte um 1784 nach Brüggemann zwei Vorwerke, neun Bauernhöfe, von denen einer der Schmiede und der andere dem Krug beigelegt waren, ein Schulhaus, innerhalb der Gemarkung drei Kossäten und insgesamt 25 Feuerstellen. Im Jahre 1825 verkaufte Kaspar Wilhelm von Zitzewitz seinem Sohn Heinrich das Gut. Dieser erhielt 1834 Zezenow und Dargeröse bei der Erbteilung mit seinen Brüdern und kaufte Prebendow hinzu. Einer der Großen aus der Familie war Wilhelm von Zitzewitz. Er hat Landwirtschaft studiert und bewirtschaftete Zitzewitz seit 1862. Nach dem Tode seines Vaters 1864 zog er zu seiner Mutter nach Zezenow. Wilhelm hat in den folgenden Jahrzehnten den Besitz der Familie erheblich vergrößert. Durch Kauf erwarb er 1871 von dem Hauptmann Valerian von Below Gatz und Anteil von Nitzlin. Im Jahre 1900 fand ein Fest zur Feier des 600jährigen Bestehens des Geschlechts statt. Bei dieser Gelegenheit wurde dem Geschlecht vom König von Preußen das Präsentationsrecht zu einem lebenslänglichen Sitz im Herrenhaus verliehen. Aus Zitzewitz, Gatz und Anteil Nitzlin begründete Wilhelm 1901 ein Majorat. Im Jahre 1909 wurde Wilhelm vom preußischen König die preußische Grafenwürde nach dem Recht der Erstgeburt, geknüpft an den Besitz des Familien-Fideikommiß Zitzewitz-Gatz-Nitzlin, verliehen. Nach seinem Tode 1925 gingen Zitzewitz. Gatz und Nitzlin auf seinen Sohn Heinrich über, der in Zitzewitz ein Schloß erbaute und einen Park anlegte. Im Jahre 1934 erhielt das Dorf eine Kanalisation und die Durchgangs-Chaussee ein neues Straßenpflaster. Im Jahre 1938 war das Rittergut 934 ha groß und hatte 505 ha Ackerland, 84 ha Wiesen, 53 ha Weiden, 245 ha Wald, 44 ha Unland, Hofraum und Wege und 3 ha Wasserfläche. Der Viehbestand belief sich auf 52 Pferde, 171 Stück Rindvieh, 313 Schafe und 40 Schweine. Das Gut galt als fachmännisch gut geleitetes Unternehmen. Ihm angeschlossen war eine Brennerei. Neben dem Ackerbau


wurden auch Schaf- und Pferdezucht betrieben. Die Wohnungs-, Deputat- und sonstigen Verhältnisse der Gutsarbeiter müssen als vorbildlich bezeichnet werden. Das herrschaftliche Anwesen bestand aus einem schloßartigen Gebäude mit großem Park. Als Heinrich 1937 starb, übernahm sein ältester Sohn Wilhelm Zitzewitz und Gatz. Im Zweiten Weltkrieg kehrte er als Major nach Zitzewitz zurück.

Etwa die Hälfte der Bewohner gehörte zu dem nördlich der Reichsstraße 2 gelegenen bäuerlichen Besitz. Im Jahre 1939 gab es in Zitzewitz außer dem Gut 30 landwirtschaftliche Betriebe, die sich wie folgt zusammensetzten:
12 mit 0,5 bis unter 5 ha
6 mit 5 bis unter 10 ha
9 mit 10 bis unter 20 ha
3 mit 20 bis unter 100 ha

Im letzten Güteradreßbuch sind die drei großen Bauernhöfe wie folgt verzeichnet: Friedrich Albrecht II mit 29 ha, Martin Roll mit 21 ha und Max Rubow mit 37 ha. Der Bauer Rubow hatte den größten Viehbestand: vier Pferde, achtzehn Stück Rindvieh und 50 Schweine. Der durchschnittliche Grundsteuerreinertrag auf ein Hektar lag mit 8,89 RM erheblich über dem Kreisdurchschnitt (5,95 RM).

Im Sommer 1906 wurde unter reger Beteiligung der Familie Zitzewitz und der umliegenden Dörfer die Molkerei eingeweiht, an die die umliegenden Dörfer ihre Milch ablieferten. Die Brennerei stellte Spiritus aus Kartoffeln und Gerste her. Zitzewitz war mit einer Kapazität von 250000 Litern eine der größten und zugleich modernsten Brennereien im Landkreis. Es sind außerdem zu nennen der Ländliche Spar- und Darlehnskassenverein EGmbH, der Gasthof Erich Tosch, die Mühle Puttkammer, der Sattler F. Schlawin, die Schmiede Franz Mielke, die Schuhmacher R. Garbe und O. Schwüchow, der Stellmacher O. Damaschke, die Viehhandlungen Heyer, Klatt, Pamplum und die Viehverwertungsgenossenschaft EGmbH.

Alle Bewohner waren evangelisch. Zitzewilz gehörte zum Kirchspiel Symbow im Kreis Schlawe und damit zum Kirchenkreis Stolp-Stadt. Schon 1798 wird von einer Schule in Zitzewilz berichtet. Ein Schulgebäude wurde 1818/19 errichtet. Der Patron der Schule war Gutsbesitzer von Zitzewitz, der damals seinen Wohnsitz in Zezenow hatte. In seiner Hand lag auch das Wahlrecht für die Besetzung der Lehrerstellen. Im Baujahr hatte die Schule 16 Kinder. Die Zahl stieg bis 1824 auf 26, bis 1830 auf 30 und bis 1846 auf 67 Schüler, In den Jahren 1860/62 kam es zu einem Neubau und 1912 wurde ein weiteres Schulgebäude errichtet. Die Schule lag in der Mitte des Dorfes, wo die Straßen nach Stolp und Schlawe abzweigten. Im Jahre 1932 war die Schule einstufig und hatte drei Klassen, zwei Lehrer und 79 Schüler. Als Lehrer sind hier tätig gewesen: von 1904 bis 1928 Eduard Sellke, bis 1930 Richard Neubüser und Otto Bansemer bis 1945. Dazu kommen die zweiten Lehrer Otto Hoffmann, Johannes Menzel, Erich Kath, Jäger, Genger, Fengler, Pritzlaff und Hermann Tiede.

Am 7. März 1945 mußten die Dorfbewohner Zitzewitz wegen der zu erwartenden Kampfhandlungen räumen. Die Hauptstraße war bereits für Flüchtlingstrecks gesperrt. Ein Teil der Bewohner wich daher nach Norden auf den Peester Gutshof aus. Die nach der russischen Besetzung am folgenden Tage oder später Zurückkehrenden erwartete Schreckliches. Eine Einwohnerin berichtet: "Am 16. März konnten wir unsere Wohnung wieder beziehen. Am 19. März abends um ½ 10 Uhr besuchten uns zwei betrunkene kräftige Russen. Kaum waren sie in der Wohnung, so schlugen sie Spiegel, Uhren, Lampen und zum Teil auch Möbel in Trümmer. Darauf nahmen sie meinen Vater mit in die Küche, gaben ihm den tödlichen Stich in die Kehle und verschwanden. Mein Vater gab keinen Laut mehr von sich. Das war die schrecklichste Nacht während meiner ganzen Sklavenzeit, die wir nie vergessen werden. Wir waren nicht die einzigen Leidtragenden. In einer Familie war der Vater mit Tochter erschossen worden, weil der Vater seine Tochter nicht freigeben wollte für die Russen. Schon als wir von der Flucht zurückkehrten, war der Bürgermeister mit seiner Familie, vier Erwachsene und vier Kinder, alle in einer Reihe aufgehängt." Graf Wilhelm von Zitzewitz hatte als letzter das Gut verlassen und sich in Zezenow mit seiner Familie wiedergetroffen. Am 19. März 1945 wurde er von den Russen verschleppt, nach Stolp gebracht und von dort ins Lubjanka-Gefängnis nach Moskau. Seitdem wird er vermißt. Nach den Russen kamen im Juni 1945 die Polen und setzten das Werk der Zerstörung fort. Die Molkerei und das Schloß wurden abgebrochen. Nach und nach wurden die Dorfbewohner über die Oder nach Mittel- und Westdeutschland vertrieĀ­ben. Für die Kinder zurückgebliebener deutscher Familien, die allerdings nur zum Teil aus Zitzewitz stammten, wurde nach 1952 wieder Unterricht erteilt. Die Heimatortskartei Pommern hat später 329 vertriebene Dorfbewohner in der Bundesrepublik Deutschland und 94 in der DDR ermittelt. Die Polen, die das Dorf als Kriegsbeute in Besitz genommen haben, nennen es Sycewice.

Kriegs- und Vertreibungsverluste: 22 Gefallene, 26 Ziviltote und 62 Vermißte ("ungeklärte Fälle").

Literatur

B.: Aus der Geschichte des Dorfes Zitzewitz. Vom ersten zum zweiten Schulhause. In: Ostpommersche Heimat 1936. Nr. 23-24
Gedenkbuch der Familie von Zitzewitz, S. 78-79
Landbesitz der Familie von Zitzewitz, S. 56-57
Neubüser, Erich: Das Dorf Zitzewitz. In: Stolper Heimatblatt 1957, S. 81-88
Runge, Walther: Jugenderinnerungen an Zitzewitz. In: Stolper Heimatblatt 1957. S. 79-80
Witt, Burgwälle, S. 33
v. Zitzewitz, Familienchronik. S. 162 ff., 172, 177
Ost-Dok. 1 Nr. 174, pag. 799 ff.
Ost-Dok. 2 Nr. 152, pag. 77-80
Aus der Heimat (aus Briefen). In: Stolper Heimatblatt 1952, Nr. 8

(Quelle: "Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel)

(Quelle: BBF / DIPF / Archiv, Sammlungen der Gutachterstelle des BIL. Lehrerkartei und Personalbögen.)