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Schmaatz



Die unweit der nördlichen Stadtgrenze von Stolp am Rande des breiten Urstromtales der Stolpe gelegene Landgemeinde Schmaatz umfaßte neben dem Bauerndorf Schmaatz die Güter Nipnow und Schwuchow. Weite Ackerflächen dehnten sich nach Osten bis über das Vorwerk Seddin hinaus und auch westlich des Guts Nipnow aus, während Waldgebiete den Lauf der Stolpe im Westen säumten. Von Stolp führte eine Chaussee über Ritzow und Schmaatz in den Nordosten des Landkreises.

Einige Angaben über die Gemeinde Schmaatz aus der Zeit vor 1945 in Kurzform:

Zugehörige Ortsteile: (4) Nipnow - Prinzenhof - Schwuchow - Seddin

Gemeindefläche in ha 1695
Wohnbevölkerung am 17.Mai 1939 593
Zahl der Haushaltungen 151
Zahl der Wohnhäuser 1925 75
Amtsbezirk Ritzow
Standesamtsbezirk Ritzow
Gendarmeriebezirk Ritzow
Amtsgerichtsbezirk Stolp
Gemeindevorsteher 1931 Schwarz
Bürgermeister 1937 Landwirt Reinhold Schwarz
Nächste Bahnstationen Schmaatz und Schwuchow
Entfernung -(ab Stolp 4,4 km bzw. 6,8 km)
Bahnlinie Stolp - Dargeröse/Schmolsin (Kreisbahn)
Poststelle II Schmaatz
Letzte postalische Anschrift Schmaatz über Stolp (Pom.)


Der historischen Dorfform nach sind Schmaatz und Schwuchow Angerdörfer. Schmaatz wird erstmals 1315 in einer Urkunde genannt, in der Markgraf Waldemar von Brandenburg dem Kasimir Svenzo und seinen Erben den Besitz des Dorfes als Lehn bestätigte. Es gehörte später zu den Eigentumsdörfern der Stadt Stolp. Wann und wie das Dorf an die Stadt gekommen ist, wissen wir nicht. Nach einem 1492 ausgestellten Gnadenbrief erlaubte der Abt Stanislaus zu Belbuk dem Magistrat zu Stolp, daß er die Czemartzere, die Weide auf der wüsten Feldmark Seddin, benützen könne. Die Protokolle der Stadt Stolp über die stadtischen Eigentumsdörfer von 1717 enthalten die Eintragung:

Besitzer: Seel. Gerd Jacob von Pirchen Wittwe und Erben, und der Magistrat zu Stolp. Bauern à 1 Lh.: 1. Martin Mitzlaff, 2. Jochim Glieve, 3. Michel Knix, 4. Peter Erdmann, 5. Jürgen Mitzlaff, 6. Michel Brogmann, 7. Marten Mickley, 8. Peter Mitzlaff, 9. Peter Brögmann, 10. Peter Rückwart.

Nach Brüggemann hatte Schmaatz um 1784, soweit es zu Stolp gehörte, eine Wassermühle, fünf Bauern, einen Schulmeister und zusammen mir den fünf Bauernhöfen im adligen Dorf Nipnow siebzehn Feuerstellen. Das Kämmereigut Schmaatz ist durch den Regulierungsrezeß von 1822/23 den fünf Bauern gegen eine jährliche Rente von je 38 Talern überlassen worden.

Das zuletzt in Schmaatz eingemeindete Nipnow wird schon im 13. Jahrhundert urkundlich genannt. Es erscheint 1285 in einer Urkunde, in der Herzog Mestwin II. dem Prämonstratenser-Nonnenkloster in Stolp die Dörfer Buckow, Freist und Nipnow schenkte. 1288 wurde der Besitz dem Kloster und der Nikolaikirche in Stolp bestätigt. Spätere Aufzeichnungen aus dem Jahre 1672 betreffen den Dorfschulzen Veilam (Vilgelow). Nach dem Dreißigjährigen Krieg ging Nipnow aus dem Besitz der Stadt Stolp in private Hände über. Es wurde 1689 mit fünf Bauern den Erben des Georg Pirch zuerkannt. Die Protokolle der Stadt über die städtischen Eigentumsdörfer von 1717 enthalten die Eintragung:

Bauern à 1 Lh.: 1. Paul Meßke, 2. Marten Ratzke, 3. Michel Glive, 4. Jürgen Erdmann, 5. Jürgen Mitzlaff.

Um 1784 hatte Nipnow fünf Bauern und neun Feuerstellen. Von 1798 bis 1801 befand sich das Gut Nipnow im Besitz des Generals Blücher, des für Stolp unvergessenen "Marschall Vorwärts". Von ihm ging es auf den Oberzollrat von Zitzewitz über. Im Jahre 1817 kaufte es der Oberamtmann Christian Friedrich Kutscher. Er führte, um eine klare Wirtschaft zu ermöglichen, sofort nach der Übernahme die Regulierung durch. Der Rezeß wurde am 24. August 1822 vollzogen. "Die drei in Nipnow wohnenden Bauern wurden durch die abgetretenen Ländereien der fünf Schmaatzer Bauern entschädigt, ihre Gehöfte ebenfalls in Schmaatz aufgebaut. So entstand auf der Höhe an der Ritzower Chaussee eine leistungsfähige bäuerliche Gemeinde, und es verblieb im Stolpetale eine gut arrondierte geschlossene Gutswirtschaft von rund 1800 Morgen . . ." (W. Kutscher). Karl Kutscher übernahm noch vor dem Tode der Eltern die Wirtschaft Nipnow und "traf nach seinen gesammelten Erfahrungen Verbesserun­gen des Gutes, wozu namentlich die Abmergelung des Gutes gehörte, welche sehr günstigen Erfolg hatte". Karl war Kreisverordneter, landschaftlicher Boniteur und zuletzt Landschaftsdeputierter. Nach seinem Tode 1880 wurde Nipnow an den Gutsbesitzer Ernst Hirsekorn verkauft. Im Jahre 1938 hatte das 495 ha große Rittergut 180,5 ha Ackerland, 56 ha Wiesen, 12,5 ha Weiden, 220,5 ha Holzungen, 23 ha Unland, Hofraum und Wege sowie einen Viehbestand von 16 Pferden und 125 Stück Rindvieh.

Schwuchow und Seddin haben weitgehend eine gemeinsame Vergangenheit. Seddin wird erstmals 1288 in einer alten Urkunde genannt, in der Herzog Mestwin II. dem Kloster Belbuk und dem Prämonstratenser-Nonnenkloster in Stolp das Dorf frei von allen Lasten bestätigte. Die frühere Gutsgemeinde Schwuchow war alter Mitzlaffscher Lehnsbesitz, zu dem auch Teile von Karzin gehörten. Die Hufen-Klassifikation von 1717 enthält die Eintragung:

Besitzer: Carl Gustav von Mitzlaff, Lorentz Rüdiger von Mitzlaff. Cossäthen: 1. Paul Boytin, 2. Matthias Weiter, 3. Jürgen Noffke, 4. Hanß Lämbke.

Nach Brüggemann hatte Schwuchow um 1784 ein großes und ein kleines Vorwerk, einen Kossäten, einen Schulmeister, innerhalb der Gemarkung das Vorwerk Seddin, bei dem sich zwei Kossäten und ein Büdner befanden, einen Krug, der Uhlenkrug genannt, und insgeamt zwanzig Feuerstellen. 1804 gehörte Schwuchow mit Vorwerk Seddin Johann Ernst Friedrich von Stojentin. Das Gutshaus, einst Kloster genannt, befand sich mitten im Dorf. Später wurde am Rande des Dorfes ein neues Gutshaus gebaut und das alte fortan von vier Familien bewohnt. 1830 erwarb Schwuchow in der Erbteilung Henriette Seyffert, eine geborene Arnold für 16000 Taler. Sie war eine Tochter des Stolper Bürgermeisters Arnold und die Mutter von Dorothea Seyffert. Durch deren Ehe mit Wilhelm Steifensand kamen Schwuchow und Seddin in die Hände dieser Familie. Wilhelm entsagte seinem Beruf als Musiker und Komponist in Berlin, um sich 1856 als Landwirt auf Seddin niederzulassen. Ihr Sohn Georg übernahm 1875 Schwuchow von seiner Großmutter und 1883 Seddin von seiner Mutter. Er kaufte 1909 Kuhnhof, Wittbeck und Wittstock hinzu.

1926 ging das Rittergut Schwuchow mit dem Vorwerk Seddin in dritter Generation auf den Sohn Friedrich (genannt Fritz) Steifensand über, der somit der letzte Besitzer ist. Er war Mitbegründer und erster Direktor der "Ostpommerschen Industrie- und Fahrzeugbau AG" (OIF) zu Stolp, Grüner Weg. Im Jahre 1938 hatte das Rittergut Schwuchow eine Fläche von 505 ha. Diese setzte sich zusammen aus 280 ha Ackerland, 30 ha Wiesen, 5 ha Weiden, 180 ha Wald, 8 ha Unland, Hofraum und Wege und 2 ha Wasserfläche. Der Viehbestand belief sich auf 24 Pferde. 80 Stück Rindvieh und 120 Schweine. Außer den beiden Gütern gab es in Schmaatz 43 landwirtschaftliche Betriebe, die sich wie folgt zusammensetzten:

14 mit (1,5 bis unter 5 ha
4 mit 5 bis unter 10 ha
19 mit 10 bis unter 20 ha
6 mit 20 bis unter 100 ha

Das letzte Güteradreßbuch nennt 1938 namentlich das 78 ha große Gut Prinzenhof, das sich im Besitz von Elisabeth Primke befand, und als Bauernhofbesitzer Richard Block mit 20 ha, Karl Gliewe mit 37 ha und Frieda Schulz mit 18 ha. Von den Bauern besaß den größten Viehbestand Karl Gliewe: vier Pferde, 20 Stück Rindvieh und 40 Schweine. Der durchschnittliche Grundsteuerreinertrag auf ein Hektar lag mit 6,75 RM über dem Kreisdurchschnitt (5,95 RM).

Über die Anfänge der Schmaatzer Mühle ist nichts bekannt. Die alten Schriften berichten erst von 1660 an. Damals starb der Schmaatzer Müller Jochim Schmiedt. Die Schmaatzer Mühle befand sich im Eigentum des Hospitals St. Georg in Stolp und wurde in Erbpacht vergeben. Bei den Separationsverhandlungen um 1842 herum machte es einige Mühe, die Rechte der Schmaatzer Bauern und des Müllers an den Gewässern der Dorfschaft gegeneinander abzugrenzen. "Aber auch das wurde von einer altpreußischen Schiedsrichterkommission mit altpreußischer Gründlichkeit und Genauigkeit besorgt" (W. Eisermann). Im Jahre 1874 hörte die Schmaatzer Mühle auf, "Hospitalmühle" zu sein.

Im Reichsadreßbuch 1941/42 werden folgende Wirtschaftsbetriebe genannt: der Bäcker Franz Ramscheck, das Baugeschäft Kowalke, die Fleischer Otto Kabbe und Karl Priebe, der Gartenbaubetrieb Johannes Zielske, der Gasthof Schmaatzer Mühle (Emil Redmann), die Kolonialwarenhandlung Ella Bahr, die Luftfahrzeuggesellschaft mbH, die Mühlen Hans Block und Pawelke, die Schmiede Mach, die Schuhmacher P. Geffe und O. Verse und die Viehhandlung Carl Priebe.

Die Dorfbevölkerung war evangelisch. Im Jahre 1925 hatte Schmaatz fünf Bewohner katholischer Konfession (0,8 v.H.) und zwei Juden (0,3 v.H.). Es gehörte zu der St.-Petri-Kirche in Stolp und damit zum Kirchenkreis Stolp-Altstadt.

Etwas abseits des Feldweges Schwuchow-Seddin, oberhalb eines Teiches, lag sehr malerisch am Waldrande der Uhlenkrug. "Man sagt, daß früher die Fischer vom Garder-See auf ihren nächtlichen Wanderungen zum Fischmarkt nach Stolp, ihre Fische in der Kiepe auf dem Rücken tragend, im Uhlenkrug Station gemacht hätten" (Siegfried von Boehn). Später war im Uhlenkrug die Dorfschule von Schwuchow und Seddin. Der Uhlenkrug wurde bekannt durch den Lehrer Paul Maede, der mehrere kleine Bücher herausgegeben hat mit kleinen Geschichten und Beschreibungen der Umgebung. Er wurde dann nach Kublitz versetzt. Im Jahre 1926 bestand die Schule nicht mehr. Nach Auflösung der Schule im Uhlenkrug gingen die Schwuchower Kinder nach Schmaatz und die Seddiner Kinder nach Deutsch Buckow (Bukau) zur Schule. In der im Jahre 1932 dreistufigen Volksschule Schmaatz unterrichteten zwei Lehrer in drei Klassen 77 Schulkinder. Lehrer waren Emil Waldow und Tietze.

Auf einer Besprechung in Ritzow am 27. Januar 1945, an der auch Steifensand-Schwuchow, Hirsekorn und die Bauern aus Schmaatz teilnahmen, forderten Bürgermeister und Parteileute die Bewohner auf, sich zum Treck bereitzumachen. Auf ein bestimmtes Stichwort hin ginge es los. Doch das Unternehmen wurde wieder abgeblasen. Auch vor dem Eintreffen der Russen wurden keine Treckbefehle mehr erteilt. "Man könne tun, was man wolle". Als Stolp am 7. März geräumt wurde, wälzte sich ein endloser Flüchtlingsstrom durch das Dorf in Richtung Osten. Aber auch Einheiten der Wehrmacht zogen sich über Schmaatz zurück. In der Nacht zum 8. März quartierten sich in Schwuchow Pioniere ein, die den Auftrag hatten, die Stolpebrücken zu sprengen. Am 8. März vormittags wurde Schmaatz von den Russen besetzt. Auf der Chaussee standen kilometerweit Trecks, die nicht mehr weiterkonnten und überrollt wurden. Größtenteils waren es Ostpreußen. Die sowjetischen Truppen stießen in Schmaatz auf keinen Widerstand. Erst weiter nördlich auf der Linie Lübzow-Bukau (Deutsch Buckow) kam es mit einer zurückgehenden deutschen Truppe zu einem kurzen Gefecht. Die Poststelle brannte aus, sonst gab es keine Zerstörungen. Die Panzer fuhren in Richtung Glowitz weiter, und unentwegt rollte der russische Nachschub durch das Dorf. Die in die Nachbardörfer ostwärts geflohenen Bewohner kehrten an den folgenden Tagen zurück. Eine ganze Anzahl von Dorfbewohnern nahmen die Russen mit und verschleppten sie. Bürgermeister Schwarz, der im März zum Arbeitseinsatz abgeholt wurde, soll in Graudenz verstorben sein. Gutsbesitzer Steifensand war mit einem Treck noch bis Viatrow gekommen. Er wurde ins Lager Graudenz verschleppt, wo er nach wenigen Tagen starb. Seine Frau Edith blieb vermißt. Das Vieh aus Schmaatz wurde abgetrieben, aber auch Möbel wurden mitgenommen. Die Bewohner von Nipnow mußten den Ort am 29. März auf Anordnung der Russen verlassen. Sie fanden größtenteils in Jeseritz Zuflucht und kehrten nach etwa zehn Tagen nach Hause zurück.

Die ersten Polen kamen im Juni 1945. Sie drangen in die Häuser und Höfe der Dorfbewohner ein und nahmen sie in Besitz. "Wer den Polen lästig war, wurde vom Grundstück gewiesen." Die Besitzerin von Nipnow versuchten polnische Beamte mit gelinder Gewalt zur Option für Polen zu überreden. Sie sollte die Bewirtschaftung weiterführen. Doch Frau Hirsekorn lehnte dankend ab. Nach und nach wurden die Dorfbewohner vertrieben. Die Heimatortskartei Pommern hat später 212 von ihnen in der Bundesrepublik Deutschland und 137 in der DDR ermittelt. Aus Schmaatz wurde das polnische Siemianice.

Kriegs- und Vertreibungsverluste: 19 Gefallene, 30 Ziviltote und 83 Vermißte ("ungeklärte Fälle").

Literatur

PII. UB Nr. 389 = PUB II Nr. 1324
PII. UB Nr. 437 = PUB III Nr. 1470
PUB VI Nr. 4109
Eisermann, Wilhelm: Alte Mühlen bei Stolp. Nach alten Akten aus dem städtischen Archiv. (3. Die Schmaatzer Mühle.) In: Ostpommersche Heimat 1937, Nr. 25
Kutscher, Christoph Friedrich Kutscher und seine Familie, S. 55-65
Laudan, Geschichte des Grundbesitzes der Stadt Stolp. S. 8, 30
Das Dorf Schmaatz im Wandel der Zeit. In: Ostpommersche Heimat 1937, Nr. 46
Aus der Dorfchronik von Nipnow. In: Ostpommersche Heimat 1938. Nr. 1-2
Ost-Dok. 1 Nr. 174. pag. 537-538
Ost-Dok. 2 Nr. 152, pag. 559-577
Anfrage (nach Bürgermeister Schwarz). In: Stolper Heimatblatt 1952, Nr. 12
Letzte Briefe aus dem Kreis Stolp. Edith Steifensand an ihre Kinder. In: Pommersches Heimatbuch 1985, S. 67-71
Mit ergänzenden Angaben von Siegfried von Boehn und Dietrich Steifensand

(Quelle: "Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel)

(Quelle: BBF / DIPF / Archiv, Sammlungen der Gutachterstelle des BIL. Lehrerkartei und Personalbögen.)