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Pommern Wappen

Reitz



Die Landgemeinde Reitz war vier Kilometer östlich von Stolp ein altes Gutsdorf. Der große Militärflugplatz lag nördlich der Reichsstraße 2 am Reitzer Wald. Südlich der Straße grenzte Reitz mit seinem Acker an die Nachbargemeinde Vessin. Reitz war jenseits der Stadtgrenze das erste Dorf an der nach Lauenburg führenden Chaussee.

Einige Angaben über die Gemeinde Reitz aus der Zeit vor 1945 in Kurzform:

Zugehörige Ortsteile: (3) Chauseehaus-Gesellschaftshaus-Neiderzin

Gemeindefläche in ha 823
Wohnbevölkerung am 17.Mai 1939 209
Zahl der Haushaltungen 48
Zahl der Wohnhäuser 1925 22
Amtsbezirk Reitz
Standesamtsbezirk Reitz
Gendarmeriebezirk Ritzow
Amtsgerichtsbezirk Stolp
Gemeindevorsteher 1931 Rittergutsbesitzer Arnold
Bürgermeister 1937 Landwirt Friedrich-Wilhelm Arnold
Nächste Bahnstation Jeseritz
Entfernung 4 km
Bahnlinie Stettin - Groß Boschpol - Danzig (Reichsbahn)
Zweigpostamt Reitz
Letzte postalische Anschrift Reitz über Stolp (Pom.)

Der historischen Dorfform nach ist Reitz ein Weiler, eine Streusiedlung. Es wird bereits 1288 in einer Urkunde genannt, in der Mestwin II. dem Prämonstratenser-Nonnenkloster den Besitz des Dorfes frei von allen Lasten bestätigte. Die Musterrolle von 1523 nennt Marten Woiten tho retzen. 1552 war Reitz und 1593 das benachbarte Vessin im Besitz der von Woyten. Die von Somnitz waren hier angesessen und ebenso die von Krockow. Von diesen kaufte die Güter der preußische Oberst Asmus von Bandemer. Nach dessen Tode gingen sie auf seinen Sohn Karl Ludwig über und nach einem Vergleich von 1781 auf den Major Georg Ludwig von Katzler. Nach Brügge­mann hatte Reitz um 1784 ein Vorwerk, einen Bauer, einen Krug, auf der Feldmark des Dorfes das Vorwerk Neiderzin, die Kolonie Neu Reitz, die aus drei Bauernhöfen und sechs Büdnerwohnungen bestand, eine Wassermühle, insgesamt sechzehn Feuer­stellen. Bis 1814 haben die von Katzelers auf Reitz und Vessin gesessen. Dann kamen beide an die Familie Arnold. 1846 übernahm Friedrich Ferdinand Arnold Reitz von seinem Vater. Die letzten Besitzer waren laut Güteradreßbuch Adalbert Arnold 1884, Walter Arnold 1910/28 und Friedrich Wilhelm Arnold 1938. Das Rittergut hatte


damals eine Betriebsfläche von 738 ha. Diese setzte sich zusammen aus 518 ha Ackerland, 22 ha Wiesen, 8 ha Weiden, 150 ha Holzungen, 25 ha Unland, Hofraum und Wege und 15 ha Wasserfläche. Der Viehbestand belief sich auf 40 Pferde, 180 Stück Rindvieh und 50 Schweine. Daneben gab es in Reitz zwei landwirtschaftliche Betriebe mit einer Betriebsfläche von weniger als 5 ha und einen mit 10 bis unter 20 ha. Der durchschnittliche Grundsteuerreinertrag auf ein Hektar lag mit 8,64 RM erheb­lich über dem Kreisdurchschnitt (5,95 RM). Das Gesellschaftshaus in Reitz betrieb 1941 Lehmann.

Die Bevölkerung war überwiegend evangelisch. Im Jahre 1925 hatte Reitz vierzehn Bewohner katholischer Konfession (4,6 v. H.). Es gehörte zum Kirchspiel Vessin und damit zum Kirchenkreis Stolp-Stadt. In der im Jahre 1932 einstufigen Volksschule unterrichtete ein Lehrer 41 Schulkinder. Der letzte Lehrer in Reitz war Robert Zahn.

In Reitz gab es einen großen Militärflugplatz - den Fliegerhorst Stolp-Reitz. Der Flugplatz war 1200 Meter lang und ebenso breit. Auf dem Fliegerhorst standen drei große Gebäude A-B-C. Im Steinhaus A war die Kommandantur und die Vermitt­lung untergebracht, im Bau B befanden sich Mannschaftsräume, und im Steinbau C lag die Nachrichtentruppe. Dazu gab es fünf große Flugzeughallen, die Flugleitung, die Werft und etwa 20 Baracken.

Am Ende des Krieges spielte Stolp-Reitz wieder als Frontflugplatz eine Rolle. Täglich starteten und landeten hier Jäger und Kampfflugzeuge, um die Erdtruppe in ihrem Abwehrkampf zu unterstützen. Am Abend des 8. März befand sich auf dem Flugplatz der Gefechtsstand der I. Abteilung des 4. SS-Artillerie-Regiments, die sich über Stolp zurückzog. Alle militärisch wichtigen Anlagen wurden im Laufe der Nacht gesprengt. Am 8. März traten auch die Bewohner im Treck die Flucht an und trafen abends in Marienfelde, das zum Gut Lojow gehört, ein. Am folgenden Morgen wurde der Treck von den Russen überrollt. Nach etwa sechs Wochen kehrten die Geflohenen nach Hause zurück. Dreizehn blieben zunächst in Lojow, zwei hatten sich das Leben genommen. Am frühen Nachmittag des 8. März wurde Reitz von den Russen besetzt. Es fielen nur wenige Schüsse, und es gab keinen Widerstand. Das Dorf war voll von Flüchtlingen aus Ostpreußen. Ein Arbeiterwohnhaus und das Forsthaus wurden von Artilleriegeschossen getroffen. Der Flugplatz wurde gleich nach der Besetzung mit russischem Militär belegt und als Frontflugplatz verwendet. Reitz galt bei der Bevöl­kerung als die unsicherste Gegend um Stolp.

Die Polen konnten sich wegen der russischen Besatzung erst 1950 des Flugplatzes bemächtigen. Auch die Deportation der Dorfbewohner erfolgte daher erst zu einem relativ späten Zeitpunkt. Auf dem Flugplatz wurden die Baracken wieder aufgebaut, die Hallen instand gesetzt, und Bodenpersonal zog ein. Fortan waren es polnische Flugzeuge, die über Stolp kreisten. Die Heimatortskartei Pommern hat später 89 vertriebene Dorfbewohner in der Bundesrepublik Deutschland und 54 in der DDR ermittelt. Aus der deutschen Gemeinde Reitz wurde das polnische Redzikowo.

Kriegs- und Vertreibungsverluste: 10 Gefallene, 7 Ziviltote und 15 Vermißte ("ungeklärte Fälle").

Literatur

PII. UB Nr. 437 = PUB III Nr. 1470
Schulz, Helmuth: Die Flugplätze in Stolp. In: Stolper Heimatblatt 1954. S. 173-175
F.B.: (Der Flugplatz in Reitz unter Russen und Polen). In: Stolper Heimatblatt 1954, S. 175-176
Ost-Dok. 1 Nr. 174, pag.477

(Quelle: "Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel)

(Quelle: BBF / DIPF / Archiv, Sammlungen der Gutachterstelle des BIL. Lehrerkartei und Personalbögen.)