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Mützenow



Das im Nordwesten des Kreises etwa sieben Kilometer von der Ostseeküste entfernt gelegene Mützenow war Kirchdorf an der Grenze zum Kreis Schlawe. Nach Westen zu stieg das Gemeindegebiet an und erreichte mit dem Silber-Berg eine Höhe von 45,2 Metern. Die von Stolp kommende Chaussee führte über Mützenow nach Pustamin in den Kreis Schlawe.

Einige Angaben über die Gemeinde Mützenow aus der Zeit vor 1945 in Kurzform:

Zugehörige Ortsteile: (1) Mützenow-Sägewerk

Gemeindefläche in ha 836
Wohnbevölkerung am 17.Mai 1939 393
Zahl der Haushaltungen 93
Zahl der Wohnhäuser 1925 67
Amtsbezirk Mützenow
Standesamtsbezirk Mützenow
Gendarmeriebezirk Stolpmünde
Amtsgerichtsbezirk Stolp
Gemeindevorsteher 1931 Wockenfuß
Bürgermeister 1937 Bauer Paul Wockenfuß
Nächste Bahnstation Gallenzin-Saleske
Entfernung 2 km
Bahnlinie Schlawe-Stolpmünde (Reichsbahn)
Poststelle II Mützenow
Letzte postalische Anschrift Mützenow über Stolp (Pom.)

Der Siedlungsform nach ist Mützenow ein großes Angerdorf. Es war wie Gallenzin, Horst und Starkow eine deutsche Neusiedlung und gehörte wie diese zum Kloster Belbuk bzw. dessen Filial, dem Praemonstratenser-Nonnenkloster in Stolp. Man bezeichnete es deshalb auch als Klosterdorf. Auf dem Treptower Landtag 1534 wurde die Einführung der Reformation in Pommern beschlossen und umgehend die Säkularisierung des Klosterbesitzes durchgeführt. Die Liegenschaften kamen in den Besitz des herzoglichen Hauses. Aus der Reformationszeit wird berichtet, daß die Mützenower zunächst an ihrem alten Meßpriester und der katholischen Religion festhielten. Zu seinem Nachfolger bestellte der Stolper Landvogt den lutherischen Pfarrer Joachim Wockenvoet. Ursprünglich wollten die Dorfbewohner sich widersetzen, sahen dann aber ihren Vorteil darin, daß der neue Pfarrer verheiratet war und sie nun wegen ihrer eigenen Frauen keine Befürchtungen mehr zu haben brauchten. In preußischer Zeit gehörte Mützenow zu den königlichen Dörfern des Stolper Kreises, die dem Amt Stolp unterstanden. Die Prästationstabellen des Amtes von 1732 enthalten die Eintragungen:

Freischulze: Simon Schultze. Bauern: 2. Jochem Voß, 3. Caßper Köpcke, 4. Michel Pape, 5. Michel Knübel, 6. Peter Zeßin, 7. Jacob Voß, 8. Jacob Grantzow, 9. Peter Wutzmer, 10. Peter Albrecht, 11. Jacob Milß (Millies), 12. Peter Dumrehse, 13. Michel Grantzow, 14. Peter Voß, 15. Jochem Wockenfuß, 16. Peter Höpner, 17. Jacob Zaddach, 18. Jochem Grantzow, 19. Hanß Hoffmeister, 20. Michel Voß. Cossäthen: 1. Jacob Albrecht, 2. David Albrecht, 3. Jochem Grantzow, 4. Peter Albrecht, 5. der Schmied N. N. Grundgeld: Peter Müller, Jochem Millies, Jochem Höpner.

Nach Brüggemann hatte Mützenow um 1784 einen Prediger, einen Küster, neunzehn Bauern, zwei Halbbauern, fünf Kossäten, unter denen sich der Schmied befand, sieben Büdner, ein Predigerwitwenhaus und insgesamt 33 Feuerstellen. Zu den Bauern gehörten der Freischulze und zwei Pfarrbauern, die dem hiesigen Prediger dienten und weder Pacht- noch Dienstgeld an das Amt abgaben. Mit der Bauernbefreiung wurde aus dem königlichen Dorf ein Bauerndorf. Im Jahre 1939 hatte es 60 landwirtschaftliche Betriebe, die sich wie folgt zusammensetzen:

17 mit 0,5 bis unter 5 ha
13 mit 5 bis unter 10 ha
19 mit 10 bis unter 20 ha
11 mit 20 bis unter 100 ha

Im letzten Güteradreßbuch werden als Bauernhofbesitzer namentlich genannt:
Willi Albrecht 23 ha Alfred Priebe 20 ha
Heinrich Genuttis 24 ha Otto Schmied 35 ha
Martin Granzow 20 ha Otto Steckmann 20 ha
Wilhelm Granzow 21 ha Wilhelm Theil 23 ha
Walter Haase 30 ha Erich Unnasch 20 ha

Sie hatten jeweils zwei bis vier Pferde. zwölf bis 18 Stück Rindvieh und bis zu 36 Schweine. Der durchschnittliche Grundsteuerertrag auf ein Hektar gehörte mit 18.35 RM zu den höchsten im Landkreis Stolp (Durchschnitt 5,95 RM).

Handel. Handwerk und Gewerbe waren auf bescheidene Iändliche Verhältnisse zugeschnitten. Es gab den ländlichen Spar- und Darlehnskassen-Verein EGmbH., die Molkerei-Genossenschaft EGmbH, den Gasthof Marie Schulz, die Gemischtwarenläden J. Block und Ernst Hardtke, für Getreide den Raiffeisenverein, die Mühle Erich Voss, das Dampfsägewerk Gustav Vanselow, die Schmiede M. Korth und den Stellmacher O. Block. Als Dentist hatte sich W. Strauß niedergelassen.

Die erste Kirche in Mützenow wurde als Außenstation des Stolper und Gallenziner Klosters im Jahre 1356 erbaut. Die Kirche in Mützenow soll im Jahre 1374 durch den Bischof von Cammin geweiht worden sein, und zwar als Taufkapelle zu Ehren des heiligen Jodocus. Sie wird 1490 in einer Urkunde erstmals genannt und als ecclesia parrochialis ville Mutzenouwe. Patr. prepositus monialium in Stolp bezeichnet. Das vorhandene Gebäude zeigt Spuren mehrfacher Umbauten. Die alte Kirche war ein einfaches Gebäude von rechteckiger Grundform von 7 mal 13 Metern. Der Turm auf Feldsteinfundament, aus Ziegeln in wendischem Verband aufgeführt, hat ein spitzbogig überwölbtes Westportal mit dreifach abgesetztem Gewände. Die Schallöffnungen waren sehr schmal. Der Ostgiebel der Kirche bestand aus Fachwerk und im Innern des Schiffes war an der Ostwand eine Sakramentsnische angebracht. Von der Ausstattung ist vor allem der Altar zu nennen. Er besaß eine gemauerte Mensa und einen Altaraufsatz in "etwas roher Einzelform". In der Predella war das Abendmahl in Holzschnitzarbeit angebracht, im Mittelteil Christus am Kreuz mit zwei Heiligenfiguren und im Aufsatz ein Bild der Himmelfahrt Christi. Auf der Rückseite des Altaraufbaus fand sich die Nachricht, daß der Altar 1871 ausgemalt worden sei. In der Sakramentsnische der Ostwand wurde ein leider beschädigtes kupfernes Ziborium aus spätgotischer Zeit aufbewahrt. Eine Kostbarkeit waren auch die Fenster in der Ostwand. Die Verglasung bestand aus mit Wappen und Bildern bemalten Scheiben. In dem einen Fenster befanden sich acht kleinere Scheiben mit Bildern aus der heiligen Geschichte und vier größere mit Wappen. Das andere Fenster hatte sieben kleine Scheiben mit biblischen Bildern und eine kleine sowie vier größere Scheiben mit Wappen. Die Bilder waren gut erhalten und stammten aus der Zeit von 1617 bis 1622. Nach den Unterschriften waren die Scheiben Stiftungen bäuerlicher und einiger adliger Besitzer (Miltitz, Milen). Auch ein Wappen des Herzogs Johann Friedrich befand sich darunter. Ein von der letzten Herzogin von Pommern geschenkter KeIch hatte die gleiche Form wie die beiden Kelche in Schwolow und Stolp. Die Glocken sollen aus dem Kloster Gallenzin stammen, aber umgegossen worden sein.

Im Jahre 1490 amtierte an der Mützenower Kirche Pfarrer Johannes Junge. Von 1817 bis 1822 predigte hier der Pastor Friedrich Tischmeyer "ein Rationalist von reinstem Wasser", der es in seinen Predigten nicht unterließ, gegen die biblische Heilslehre direkt zu polemisieren. Dies war die hauptsächlichste Ursache zur Ausbreitung der "BeIowschen Bewegung".

In den letzten Hundert Jahren vor der Vertreibung haben in Mützenow als Pastoren gewirkt:

Johann Heinrich Karl Pieper 1836-1852
Karl Albert Heyer 1852-1866
August Wilhelm Schumacher 1868
Franz Johann Wilhelm Splittgerber 1869-1887
Albert Friedrich Giese 1889-1896
Gustav Wendt, geb. 20. Februar 1861 1897-1920
Gustav Wendt, geb. 15. Juni 1894 1920-1933(?)
Hugo Scheel 1933-1946

Das Kirchspiel Mützenow hatte drei eingepfarrte Ortschaften bzw. Ortsteile und 1940 insgesamt 1000 Gemeindemitglieder. Eingepfarrt waren Starkow, ein Teil der Gemeinde Steinwald und der Ortsteil Scharfenstein aus der Gemeinde Groß Brüskow. Das Patronat lag beim Staat, und die Besetzung der Pfarrstelle erfolgte nach dem Pfarrerwahlgesetz. Das Kirchspiel Mützenow gehörte zum Kirchenkreis Stolp-Stadt. Im Jahre 1925 hatte Mützenow zwei Bewohner katholischer Konfession (0,4 v.H.). Alle anderen Einwohner waren evangelisch.

Klaus Granzow schrieb 1956 zum 600jährigen Bestehen der Mützenower Kirche: "Pastor Scheel war der letzte Pfarrer der Mützenower Kirche. Er blieb bei seiner Gemeinde auch in der schweren Zeit nach 1945. Wie oft haben wir noch an den Sonntagen des Jahres 1946 Kraft und Hoffnung aus seiner Predigt empfangen, bis dann im Frühjahr 1947 die Ausweisung begann. Ihm wird es nicht mehr vergönnt sein, seine geliebte Kirche wiederzusehen, und auch wir alle, die wir vor diesem 600jährigen Altar getauft und konfirmiert wurden und wohl auch Hochzeit hielten, sind in diesem Geburtsjahr unserer schönen Kirche nicht in der Heimat."

In der im Jahre 1932 zweistufigen Volksschule unterrichtete ein Lehrer zwei Klassen 69 Schüler. Lehrer in Mützenow waren: Hugo Block, Hermann Raddatz und Joachim Raddatz.

Klaus Granzow, der bekannte pommersche Dichter der Nachkriegszeit, wurde am 10. September 1927 in Mützenow geboren. In seinem umfangreichen Iiterarischen Schaffen hat er die Erinnerung an seine Heimat und vor allem an Mützenow bewahrt, aber auch die schlimme Russen- und Polenzeit Iebendig beschrieben.

Als im März 1945 die Russen kamen, blieben die Dorfbewohner in Mützenow zurück. Nur drei Dorfbewohnern und einigen wenigen Evakuierten aus Westdeutschland gelang es, über Stolpmünde mit dem Schiff zu entkommen. Am 7. März ging eine zusammengewürfeIte deutsche Truppe am Krugberg mit leichten Pak-Geschützen in Richtung Pustamin in Stellung. Als russische Panzer mit aufgesessener Infantrie zwischen ein und zwei Uhr in der Nacht zum 8. März angriffen, zog sich die Truppe zurück. Es fielen einige Schüsse. Drei deutsche Soldaten und zwei Russen kamen dabei ums Leben, nach anderen Angaben zusammen sieben Soldaten. Von den Russen wurden mehrere Dorfbewohner und Flüchtlinge an die Wand des Spitzenhauses gestellt und erschossen (darunter WiIhelm Albrecht). Der Ort war voll von Flüchtlingen aus Ost- und Westpreußen und dem Schlawer Kreis. Es mögen zusätzlich 2000 bis 3000 Menschen gewesen sein. Dreimal mußten die Bewohner das Dorf vorübergehend verlassen, weil es innerhalb des militärischen Sperrbezirks an der Ostsee lag. Pastor Scheel hat seine Gemeinde weiterhin betreut. Ab Sommer 1945 unterstand die Molkerei einem russischen Kommandanten. Die Milch von vielen benachbarten Gütern kam dorthin. Auch das Vieh der umliegenden Dörfer wurde nach Mützenow gebracht und hier versorgt. Mützenow war also eine russische Kolchose. Der Einsatz der Bauern und Landarbeiter auf dem Gut wurde anfangs von Pustamin oder Peest aus geleitet. Ab Herbst 1945 wohnte der russische Kommandant in Mützenow. Als die Russen das Dorf im Herbst aufgaben, kamen die Polen und vertrieben die Bewohner - viele im September 1947. Nur die Molkerei, zwei Bauernhöfe und das Pfarramt behielten die Russen weiter bis Oktober 1950 in Besitz. Die Heimatortskartei Pommern hat später 138 Dorfbewohner in der Bundesrepublik Deutschland und 159 in der DDR ermittelt. Aus dem deutschen Bauerndorf Mützenow wurde das polnische Mozdzanowo.

Kriegs- und Vertreibungsverluste: 30 Gefallene, 28 Ziviltote und 26 Vermißte ("ungeklärte Fälle").

Literatur
Brunk: Aus dem ältesten Kirchenbuch in Mützenow. In: Unser Pommernland 1912-13, Heft Nr. 7, S. 274-276
Granzow, Klaus: Eine Kirche hat Geburtstag. Die Mützenower Kirche 600 Jahre alt. In: Stolper Heimatblatt 1956, S. 302-304
Granzow, Klaus: Erinnerungen an Mützenow. In Stolper Heimatblatt 1964, S. 345-348
Granzow, Klaus: Bei uns im Dorf. Erinnerungen an Pommern (Reihe: Unsere Heimat, Band 2). Hamburg 1967
H. R.: Aus der Mützenower Kirchenchronik. In: Stolper Heimatblatt 1964, S. 107-214
Ost-Dok. 1 Nr. 173, pag. 405-410
Aus der Heimat. In: Stolper Heimatblatt 1952, Nr. 1

(Quelle: "Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel)

(Quelle: BBF / DIPF / Archiv, Sammlungen der Gutachterstelle des BIL. Lehrerkartei und Personalbögen.)