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Pommern Wappen

Lindow



Die im Nordwesten des Landkreises auf ebener Grundmoräne hinter den Dünen gelegene Landgemeinde Lindow war ein altes Gutsdorf. Die Gehöfte lagen zu beiden Seiten eines Baches, der Waudibeek hieß und in den Muddel-See abfloß. Die von Stolpmünde kommende Straße führte südlich des Dorfes vorbei nach Rügenwalde.

Einige Angaben über die Gemeinde Lindow aus der Zeit vor 1945 in Kurzform:

Zugehörige Ortsteile: keine

Gemeindefläche in ha 368
Wohnbevölkerung am 17.Mai 1939 171
Zahl der Haushaltungen 47
Zahl der Wohnhäuser 1925 26
Amtsbezirk Dünnow
Standesamtsbezirk Dünnow
Gendarmeriebezirk Stolpmünde
Amtsgerichtsbezirk Stolp
Gemeindevorsteher 1931 Kunde
Bürgermeister 1937 Landwirt Otto Pagel
Nächste Bahnstation Dünnow
Entfernung 3,5 km
Bahnlinie Schlawe-Stolpmünde (Reichsbahn)
Poststelle Dünnow
Letzte postalische Anschrift Lindow Post Dünnow über Stolp (Pom.)


Der historischen Dorfform nach ist Lindow, früher auch Lynow genannt, ein Zeilendorf. Im Jahre 1355 erhielt Friedrich Krümmel die Güter Dünnow, Lindow, Muddel, Horst und Starkow als Lehn im Tauschwege gegen Sylcksdorf. Nach 250 Jahren erlosch das Geschlecht der Krümmel und die Dörfer Dünnow, Lindow und Muddel fielen 1610 den Belows zu, die nach Lehnbriefen die gesamte Hand an den Krümmelschen Lehn erlangten, allerdings nicht an Starkow und Horst, die schon vorher wohl an das Kloster Gallensow gefallen waren. Die Belows haben Lindow von 1610 bis 1843 besessen. Die Hufen-Klassifikation von 1717 enthält die Eintragung:

Besitzer: Seel. Major Dubschlaff von Belowen Erben. Bauern à 1 Lh: 1. Jacob Wilcke, 2. David Schmidt, 3. Jacob Schmidt, 4. Clauß Dreyer, 5. Hanß Schmidt. Halbbauern: 1. Martin Lichtenfeldt, 2. Peter Wilck, Cossäth: Hanß Wilck.

Um 1784 hatte Lindow ein Vorwerk, fünf Bauern, einen Hof, der besonders verpachtet war, einen Kossäten und einen Fischer in Muddel und zwei Kossäten in Dünnow, einen Schulmeister und insgesamt neunzehn Feuerstellen. Karl Friedrich Wilhelm von Below verkaufte die Güter Dünnow, Lindow und Muddel am 9. November 1843 an den Gutsbesitzer Otto Frankenstein. Von diesem wurden sie 1857 an Alfred Herzog von Croy weiterveräußert. Frankenstein behielt sie jedoch pachtweise in Besitz. Im Jahre 1876 wurde Lindow aus dem Kreise Schlawe in den Kreis Stolp eingegliedert. Mit Zustimmung des Herzogs von Croy übertrug Frankenstein die Pachtung dann seinem Schwiegersohn, dem Oekonomierat Leo Scheunemann, der den Güterkomplex Dünnow, Lindow und Muddel bewirtschaftete. Es folgte als Pächter sein ältester Sohn, der spätere Major Bernhard Scheunemann. der die Güter seit dem 1. Juli 1904 bis 1945 bewirtschaftet hat. Das Rittergut Lindow war zuletzt 290 ha groß. Es bestand aus 243 ha Ackerland, 10 ha Wiesen, 29 ha Weiden und 8 ha Wasserfläche. Der Viehbestand belief sich auf 16 Pferde, 100 Stück Rindvieh und 25 Schafe. Außer dem Gut gab es in Lindow 15 landwirtschaftliche Betriebe, die sich wie folgt zusammensetzten:

5 mit 0,5 bis unter 5 ha
8 mit 5 bis unter 10 ha
2 mit 10 bis unter 20 ha

Der durchschnittliche Grundsteuerertrag auf ein Hektar lag mit 18,97 RM im Landkreis Stolp an der Spitze (Durchschnitt 5,95 RM).

Alle Dorfbewohner waren evangelisch. Lindow gehörte zum Kirchspiel Dünnow und damit zum Kirchenkreis Stolp-Stadt. In der im Jahre 1932 einstufigen Volksschule unterrichtete ein Lehrer 35 Schüler. Lehrer waren Lüdtke und zuletzt Wilhelm Blieske, der 1944 gefallen ist.

Als im März 1945 die Russen kamen, blieben die Bewohner im Dorf zurück. Es erging auch kein Räumungsbefehl mehr. Am 8. März gegen 16 Uhr wurde Lindow von einer berittenen russischen Einheit mit leichter Artillerie besetzt. Bei der Besetzung und in den ersten Tagen danach brannten die große Gutsscheune, der Kuh- und Schafstall des Gutes, das Wirtschaftsgebäude von Wilhelm Groth sowie der Hof des Bauern Leo Schmude nieder. Außer den Bewohnern war ein ostpreußischer Treck im Dorf zurückgeblieben. Zwei andere Trecks zogen vorher weiter. Eine Frau und drei Mädchen verließen noch in der letzten Nacht das Dorf, und es gelang ihnen auch, in Stolpmünde auf ein Schiff zu kommen. Nach einigen Wochen kamen sie nach Lindow zurück, das Schiff war unterwegs angegriffen und auf Strand gesetzt worden. Am 6. April zog die in Dünnow einquartierte Truppe ab und nahm das Vieh, rund 700 Schafe und 350 Kühe, mit über die Oder nach Schilde im Kreis Westprignitz. Als Viehtreiber fungierten zahlreiche männliche Dorfbewohner. Am 14. Juni kehrten sie nach einem weiteren Fußmarsch von 500 Kilometern in die Heimat zurück. Bei der Getreideernte des Jahres 1945 halfen etwa 30 Kriegsgefangene, die in der Schule untergebracht waren. Die Ernte nahmen die Russen mit auf den Schießplatz, wo damals sowjetische Truppen lagen.

Ende Juni 1946 kamen die ersten Polen und besetzten die besten Gehöfte. Die Bewohner mußten nun als Knechte und Mägde bei den polnischen Bauern arbeiten. Das Gut war bis 1947 noch unbesetzt. Auf der über 300 ha großen Fläche besten Ackerlandes wucherten die Diesteln. Nach und nach wurden alle Dorfbewohner vertrieben. Die Heimatortskartei Pommern hat später 71 von ihnen in der Bundesrepublik Deutschland und 54 in der DDR ermittelt. Aus Lindow wurde Ledowo.

Kriegs- und Vertreibungsverluste: 14 Gefallene, 6 Ziviltote und 7 Vermißte ("ungeklärte Fälle").

(Quelle: "Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel)

(Quelle: BBF / DIPF / Archiv, Sammlungen der Gutachterstelle des BIL. Lehrerkartei und Personalbögen.)