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Weitenhagen



Das Gemeindegebiet von Weitenhagen erstreckte sich von der Ostseeküste mit Dünen und Wald über Wiesen und Äcker bis zum Weitenhagener Wald im Süden. Weitenhagen war ein Gutsdorf mit vielen bäuerlichen Wirtschaften und Kirchdorf für die umliegenden Gemeinden. Die von Stolpmünde kommende Chaussee führte über Weitenhagen an der Küste entlang zum Garder-See.

Einige Angaben über die Gemeinde Weitenhagen aus der Zeit vor 1945 in Kurzform:

Zugehörige Ortsteile: (2) Freichow - Heinrichsfelde

Gemeindefläche in ha 1590
Wohnbevölkerung am 17.Mai 1939 458
Zahl der Haushaltungen 100
Zahl der Wohnhäuser 1925 58
Amtsbezirk Weitenhagen
Standesamtsbezirk Weitenhagen
Gendarmeriebezirk Stolpmünde
Amtsgerichtsbezirk Stolp
Gemeindevorsteher 1931 Moldenhauer
Bürgermeister 1937 Landwirt Paul Krauß
Nächste Bahnstation Weitenhagen
Entfernung -(ab Stolpmünde 8,0 km, ab Gabel 14,8 km)
Bahnlinie Gabel-Stolpmünde (Kreisbahn)
Poststelle I Weitenhagen
Letzte postalische Anschrift Weitenhagen über Stolp (Pom.)

Der historischen Dorfform nach ist Weitenhagen ein Zeilendorf. Es befand sich bereits 1485 im Besitz eines von Schwave und wurde dann ein Lehen der von Ramel. 1523 wird Jurgen Ramel myt synem Broder thom Weitenhagen genannt. Die Hufen-Klassifikation von 1717 enthält die Eintragung:

Besitzer: Gneomar Reinhold von Rhein, Joachim Döring von Rhamel. Bauern à ½ Lh.: 1. Jacob Lämbke, 2. Jochim Hoppe, 3. Michel Hoppe, 4. Jacob Adam, 5. Peter Rosin, 6. Michel Gurgel, 7. Jürgen Knievel, 8. Jochim Knievel, 9. Jürgen Knievel, 10. Jacob Knievel. Cossäthen: 1. Heinrich Borre, 2. Matthias Borre, 3. Jürgen Knievel, 4. Marten Borre.

Trotz Aufteilung und mehrfachem Besitzwechsel konnte Christian Bogislav von Ramel das ganze Gut wieder in einer Hand vereinen. Er trat es 1773 an seinen Sohn, den Hauptmann Karl Ludewig Bogislav von Ramel, ab. Um 1784 hatte Weitenhagen zwei Vorwerke, einen Prediger, einen Küster, ein Predigerwitwenhaus, zehn Bauern, drei Kossäten, einen Krug, eine Schmiede, auf der Feldmark nordwestlich des Dorfes an der Mündung des Grabens Freichow in die Ostsee eine Wassermühle, ostwärts davon drei Fischerkaten, insgesamt 38 Feuerstellen. Im Jahre 1786 ging Weitenhagen auf Joachim von Bandemer über, der Herr auf Rotten, Kuckow und Weitenhagen war und 1792 starb. Sein Sohn Wilhelm besaß im Landkreis Stolp umfangreichen Landbesitz: Selesen, Buckow, Kuckow, Gambin, Rotten, Wittbeck.,Wusseken, Kuhnhof, Lankwitz, Dominke, Klein Rowe und Weitenhagen. Dann folgten in gerader Linie Alfred (gest. 1891), Wilhelm (gest. 1914) und Rüdiger von Bandemer, der letzte Besitzer von Weitenhagen. Ein großes Ereignis für das ganze Dorf war der Besuch des Generalfeldmarschalls von Hindenburg im August 1926. Hindenburg kam, um an der Hochzeit seines Enkels von Brockhusen-Großjestin mit Wera von Bandemer teilzunehmen. Im Jahre 1938 hatte das 724 ha große Rittergut 237 ha Ackerland, 60 ha Wiesen, 9 ha Weiden, 401 ha Holzungen, 15 ha Unland, Hofraum und Wege, 2 ha Wasserfläche sowie einen Viehbestand von 20 Pferden, 130 Stück Rindvieh und 250 Schweinen. Das Gut Heinrichsfelde, das zuletzt Richard Ratzke gehörte, war 195 ha groß. Es hatte 144 ha Ackerland, 30 ha Wiesen, 2 ha Weiden, 17 ha Wald und 2 ha Unland. Hofraum und Wege. Sein Viehbestand belief sich auf zwölf Pferde, 90 Stück Rindvieh und 120 Schweine. Außer den beiden Gütern gab es in Weitenhagen 53 landwirtschaftliche Betriebe, die sich wie folgt zusammensetzten:

19 mit 0,5 ha bis unter 5 ha
20 mit 5 bis unter 10 ha
12 mit 10 bis unter 20 ha
2 mit 20 bis unter 100 ha

Der Reichspräsident als Hochzeitsgast in Weitenhagen anläßlich der Hochzeitsfeier in der Familie von Bandemer am 17. August 1926

Im letzten Güteradreßbuch ist nur der 21 ha große Hof des Bauern Georg Krause genannt. Der durchschnittliche Grundsteuerreinertrag auf ein Hektar lag mit 8,44 RM Im letzten Güteradreßbuch ist nur der 21 ha große Hof des Bauern Georg Krause genannt. Der durchschnittliche Grundsteuerreinertrag auf ein Hektar lag mit 8,44 RM erheblich über dem Kreisdurchschnitt.

Handel und Handwerk waren auf bescheidene ländliche Verhältnisse zugeschnitten. Es gab im Dorf den Gasthof Erich Lück, die Gemischtwarenhandlung Bonke, die Mühle Voss, den Schmied Gerson und den Tischler Granzow. In einem Verzeichnis aus dem Jahre 1931 wird als Schankwirt in Freichow Marten genannt.

Die Kirche in Weitenhagen war ein Fachwerkhaus aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Sie hatte einen Turm, der aus Ziegeln auf Feldsteinfundament errichtet war. In seiner gedrungenen Form erinnert er an die Festungsarchitektur der Stolper Marienkirche und des Neuen Tores. Der Westeingang saß in einer Spitzbogenblende und war ebenfalls mit Spitzbögen überwölbt. Im Jahre 1880 wurden Turm und Kirche erneuert. Im Innern erhob sich der Altaraufbau "in üblicher Anordnung in den Formen des ausgehenden 17. Jahrhunderts über einer gemauerten Mensa". Der Sockel des Altaraufbaus fehlte. Das Mittelstück enthielt eine Darstellung der Kreuzigung, der Oberteil die Auferstehung als bemaltes Holzschnitzwerk. Über dem Altaraufbau erhob sich die Kanzel. Ein Epitaph des Pastor Westphal, 1680 errichtet, enthielt als Mittelbild den Heiland am Kreuz von der Familie des Predigers umgeben. In der Kirche waren mehrere aus Holz geschnitzte Figuren aufgestellt. Es handelte sich um die heilige Anna selbdritt, Maria mit dem Kinde, Christus mit einem Buch und Mantel und mehrere Heilige. Unter dem Dach hing ein Schiffsmodell, ein Dreimaster mit der Aufschrift "Soli deo gloria" . Ein Kelch aus vergoldetem Silber mit Sechspaßfuß, auf dem ein Kruzifix aufgelötet war, zeigte das Wappen der Familie von Winterfeld. Als Stifterin war Margareta Agnes von Winterfeld angegeben. Zwei Altarleuchter, ein Taufbecken aus Messing mit eingravierten Ringen als Verzierung, eine in ein Fenster gemalte kleine Scheibe mit der Figur des Moses und eine gestickte Altardecke aus grüner Seide aus dem Jahre 1771 schließen die Reihe der kleinen Kostbarkeiten in Weitenhagens Kirche ab. Die eine Glocke trug auf beiden Seiten als Relief den Heiland am Kreuz mit zwei daneben stehenden Figuren. Sie stammte aus dem Jahre 1606 und die andere aus dem Mittelalter. Beide mußten umgegossen werden.

Im Jahre 1482 werden als Pfarrer Stephan Herder und Johann Wulf genannt. Filial von Weitenhagen war seit ältester Zeit Machmin. In den letzten hundert Jahren vor der Vertreibung haben in Weitenhagen als Pastoren gewirkt:

Heinrich Ludwig Arnold gen. Eggebert 1838-1879
Ernst Friedrich Hentschel 1879-1895
Karl Paul Friedrich Köpke 1905-1925?
Walter Scheel 1925-1938?
Ernst Koch 1938-1940

Das Kirchspiel Weitenhagen hatte 1940 vier eingepfarrte Ortschaften und insgesamt 1910 Gemeindemitglieder. Eingepfarrt waren die Kirchengemeinde Groß Machmin sowie Bedlin, Karzin und Klein Machmin. Die Besetzung von Weitenhagen und Klein Machmin erfolgte abwechselnd durch die Kirchenpatrone. Patrone von Weitenhagen waren R. von Bandemer-Weitenhagen und Dr. von Zitzewitz-Klein Machmin, von Groß Machmin Rittergutsbesitzer von Uckermann-Groß Machmin und Rittergutsbesitzer Polizeipräsident i. R. von Puttkamer-Karzin. Als Kirchspiel gehörte Weitenhagen zum Kirchenkreis Stolp-Stadt. Die Bevölkerung des Dorfes war evangelisch. Im Jahre 1925 hatte Weitenhagen drei Bewohner katholischer Konfession (0,6 v. H.).

Das Gutshaus in Weitenhagen

Die Volksschule in Weitenhagen war im Jahre 1932 dreistufig. Sie hatte drei Klassen und zwei Lehrer, die 87 Schulkinder unterrichteten. Es werden genannt: Lehrer und Kantor Wilhelm Düring und Werner Völzke. In Freichow entstand 1933 ein Jugendheim der Evangelischen Kirche mit 60 bis 70 Plätzen und 1939 ein zweites Haus in einer Düne.

Als im März 1945 die Russen kamen, konnte Weitenhagen nicht mehr geräumt werden. In panischer Angst flohen mehrere Bewohner mit ihren Treckwagen in die nahen Wälder. Weitenhagen wurde am 8. März von den aus Richtung Stolpmünde kommenden Russen besetzt. Da der Ort innerhalb des russischen Sperrbezirks an der Ostsee lag, mußten die Bewohner ihn Ende März vorübergehend verlassen. Sie nahmen in Groß Machmin Aufenthalt. Russische Generäle kamen ins Dorf. "Am Dorfeingang waren Ehrenpforten errichtet. Die Ständer waren mit rotem Bettinlett bewickelt. Die Federn flogen nur so umher. An den Straßen waren Kiefernbäume eingesteckt als Spalier. Das Dorf war geschmückt, als wenn der Kaiser kommen würde. Es waren ungefähr 3000 Russen ins Dorf eingezogen. Der ganze Spuk dauerte aber nur 16 Tage, das war Ende März. Wie das Dorf danach aussah, kann man sich kaum vorstellen, alles war verwüstet und ausgeplündert: Kleider lagen umher, zerbrochene Wagen und viel Vieh irrte noch umher" (M. Krause). Am 10. Mai 1945 waren die Dorfbewohner alle wieder in ihrer Heimatgemeinde. Im Sommer 1945 bemächtigten sich die Polen des Dorfes. Am 1. August eröffneten sie ein Gemeindebüro. Die ersten polnischen Familien trafen ein und nahmen Höfe und Wohnungen in Besitz. Die Dorfbewohner wurden nach und nach abtransportiert, die ersten 1946, die anderen 1947. So hieß es zum Beispiel am 13. August 1947: morgen um 11 Uhr Abtransport nach Stolp. Nur vier Familien blieben vorerst zurück. Die Heimatortskartei Pommern hat später 198 Bewohner in der Bundesrepublik Deutschland und 145 in der DDR ermittelt. Aus Weitenhagen wurde das polnische Wytowno.

Kriegs- und Vertreibungsverluste: 25 Gefallene, 11 Zivillote und 38 Vermißte ("ungeklärte Fälle").

(Quelle: "Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel)

(Quelle: BBF / DIPF / Archiv, Sammlungen der Gutachterstelle des BIL. Lehrerkartei und Personalbögen.)