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Veddin



Die südwestlich von Stolp an der Grenze zum Kreis Schlawe gelegene Landgemeinde Veddin war ein Bauerndorf. Zu beiden Seiten des Kamenz-Baches waren die Gehöfte der Bauern angelegt und dahinter breiteten sich die Ackerflächen aus. über die Nachbargemeinde Kublitz führte der Weg in die nahe Kreisstadt.

Einige Angaben über die Gemeinde Veddin aus der Zeit vor 1945 in Kurzform:

Zugehörige Ortsteile: keine

Gemeindefläche in ha 985
Wohnbevölkerung am 17.Mai 1939 593
Zahl der Haushaltungen 137
Zahl der Wohnhäuser 1925 79
Amtsbezirk Lossin
Standesamtsbezirk Lossin
Gendarmeriebezirk Kublitz
Amtsgerichtsbezirk Stolp
Gemeindevorsteher 1931 Villmow
Bürgermeister 1937 Bauer Franz Albrecht
Bahnstation Veddin
Entfernung - (ab Stolp 6,0 km)
Bahnlinie Neustettin - Stolp (Reichsbahn)
Poststelle Veddin
Letzte postalische Anschrift Veddin über Stolp (Pom.)

Der historischen Dorfform nach ist Veddin ein Zeilendorf. Es war eines der ältesten urkundlich bekannten Dörfer des Landkreises. Im Jahre 1281 schenkte Mestwin II. das Dorf dem Kloster Belbuck als Ausstattung für das Prämonstratenser-Nonnenkloster in Stolp. Es wurde damals Vidino genannt. Es erscheint 1288 erneut in einer Bestätigungsurkunde Mestwins II. und wird 1294 in einer Urkunde des Erzbischofs Jakob von Gnesen genannt, der die Einnahmen des Dorfes, den sogenannten Zehnten, dem Nonnenkloster in Stolp überließ. Während der Reformation nahm 1522 Herzog Bogislaw X. die Güter des Klosters in seine Verwaltung. Es entstand das Herzogliche Amt in Stolp, das nach dem übergang Pommerns an Brandenburg beibehalten und erst nach der Bauernbefreiung 1810 aufgelöst wurde. Diesem zuletzt Königlichen Amt in Stolp unterstand auch Veddin. Die Prästationstabellen dieses Amtes von 1732 enthalten die Eintragung:

Schulze: Jochem Albrecht. Bauern: 2. Matthes Willmow, 3. Hanß Albrecht sen., 4. Jürgen Möller, 5. Hanß Villmow, 6. Jacob Sackscheffsky, 7. Erdmann Möller, 8. Jochem Domcke, 9. Jochem Albrecht, 10. Hanß Albrecht jun. Cossäthen: 1. Hanß Albrecht, 2. Jacob Villmow.

Um 1784 hatte Veddin nach Brüggemann zusammen mit dem Schulzen zehn Bauern, zwei Kossäten, fünf Büdner, unter denen sich ein Schmied befand, einen Schulmeister und insgesamt 21 Feuerstellen. Friedrich Rieck kaufte es 1853 für 34000 Taler. Ein Friedrich Rieck erscheint auch 1884 noch als Besitzer des 232 ha großen Rittergutes. Es folgten 1910 Hermann Rieck und 1928 Meta Rieck. Veddin ist dann aufgesiedelt worden. Im Jahre 1939 gab es im Dorf 76 landwirtschaftliche Betriebe, die sich wie folgt zusammensetzten:


29 mit 0,5 und unter 5 ha
11 mit 5 und unter 10 ha
22 mit 10 und unter 20 ha
14 mit 20 und unter 100 ha

Ein 81 ha großes Gut befand sich im Besitz von Vera Ratzlaff. Es hatte einen Viehbestand von acht Pferden, 60 Stück Rindvieh und 43 Schweinen. Im letzten Güteradreßbuch werden als Bauernhofbesitzer namentlich genannt:

Franz Albrecht I 32 ha Richard Kautz 22 ha
Hermann Albrecht I 22 ha Hermann Keup 34 ha
Mathilde Albrecht 23 ha Hermann Neitzel I 62 ha
Reinhold Albrecht I 32 ha Hermann Villmow 30 ha
Wilhelm Albrecht 22 ha Richard Villmow 27 ha
Willy Albrecht 37 ha Reinhold Voß 23 ha
Otto Griep 26 ha

Von ihnen hatte der Bauer Neitzel den größten Viehbestand: acht Pferde, 28 Stück Rindvieh und 45 Schweine. Der durchschnittliche Grundsteuerreinertrag auf ein Hektar lag mit 8,90 RM erheblich über dem Kreisdurchschnitt (5,95 RM). Als Gastwirt wird in einem Verzeichnis aus dem Jahre 1931 Mielke genannt.

Alle Bewohner waren evangelisch. Veddin gehörte kirchlich zur Schloßkirche in Stolp und damit zum Kirchenkreis Stolp-Stadt. In der im Jahre 1932 dreistufigen Volksschule unterrichteten zwei Lehrer in drei Klassen 89 Schulkinder. Die Lehrer waren Möller, Karl Syring und Ernst Henke.
Außerhalb der pagelschen Beschreibung legte wohl ein Lehrer mit Namen Georg Schledermann seine Lehrerprüfung in Veddin an.

Am 6. März 1945 erhielt Veddin vom Bürgermeister den Räumungsbefehl. Er wurde von den Dorfbewohnern jedoch nicht mehr befolgt, weil alle Straßen von Trecks verstopft waren. Die Bewohner blieben daher in ihrem Heimatdorf. Am 7. März wurde Veddin von russischer Infanterie von Westen her besetzt. Es gab keine Kämpfe, und der Russe stieß schnell durch. Wie üblich wurden Frauen und Mädchen vergewaltigt. Es spielten sich entsetzliche Szenen ab. Ein Bauer nahm sich mit seiner Frau und Tochter das Leben, indem sie sich die Pulsadern öffneten - die Tochter überlebte. Eine Mutter und Tochter versuchten sich zu erhängen. Nach einigen Tagen mußten die Männer und Frauen zur Registrierung ins Nachbardorf zur dortigen Kommandantur. Die meisten Männer und auch einige Frauen kehrten nicht zurück. Sie wurden verschleppt, wie die Tochter des Amtsvorstehers, die man zur Zwangsarbeit nach Rußland deportierte. Viele starben unterwegs, andere erst nach der Rückkehr an Typhus. Das Restgut Veddin wurde nun zur Kolchose. Alle Männer und Frauen mußten dort arbeiten. In der Regel hatten die Russen den Bauern ein Pferd und eine Kuh gelassen. Im Juli 1945 erschienen die ersten Polen im Dorf und suchten sich die Höfe aus, die ihnen gefielen. Nach und nach nahmen sie alle Höfe und Häuser in Besitz. Nur das Gut blieb russische Kolchose. "Die änderung wirkte sich so aus, daß sämtliche Besitzer enteignet und als Freiwild den Polen auf Gnade und Ungnade ausgeliefert waren." Ein anderer Dorfbewohner berichtet: "Mein Hof war auch gleich bei den ersten, die sie nahmen. Der Pole sagte zu meiner Frau, er sei jetzt der Herr und sie hatte zu tun, was er wollte, hätte zu arbeiten." Nach Gutdünken meldeten die Polen einzelne Bauern der Miliz, von der sie schwer mißhandelt wurden. Besonders Ortsgruppenleiter Neitzel wurde entsetzlich zugerichtet, und schließlich fand man ihn im Walde erhängt auf. Zwei andere Bauern wurden von den Polen willkürlich inhaftiert, verurteilt und auf Jahre hinaus ins Gefängnis gesteckt. Auch unter polnischer Herrschaft wurden noch Frauen vergewaltigt. Der letzte Akt in diesem Drama war die Deportation der Dorfbewohner. Am 14. oder 15. Dezember 1945 holte die Miliz die Bauern morgens um 6 Uhr früh unvorbereitet aus den Betten und trieb sie im Gasthaus zusammen. Keiner durfte etwas mitnehmen. Alte und Kranke wurden auf Wagen geladen. Dann marschierte die traurige Kolonne zum Güterbahnhof nach Stolp, wo Viehwagen für den Abtransport bereitstanden, "die vom Kuhmist noch nicht einmal gesäubert waren". Die Heimatortskartei Pommern hat später 291 Dorfbewohner in der Bundesrepublik Deutschland und 141 in der DDR ermittelt. Aus dem deutschen Bauerndorf Veddin wurde das polnische Widzino.

Kriegs- und Vertreibungsverluste: 19 Gefallene, 22 Ziviltote und 35 Vermißte ("ungeklärte Fälle").

Literatur

PII. UB Nr. 330 = PUB II Nr. 1224
PII. UB Nr. 437 = PUB III Nr. 1470
PII. UB Nr. 508 = PUB III Nr. 1680
Ost-Dok. 1 Nr. 174, pag. 731-732
Ost-Dok. 2 Nr. 152, pag. 530-535

(Quelle: "Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel)

(Quelle: BBF / DIPF / Archiv, Sammlungen der Gutachterstelle des BIL. Lehrerkartei und Personalbögen.)