Einige Angaben über die Gemeinde Ritzow aus der Zeil vor 1945 in Kurzform:
Zugehörige Ortsteile: (2) Chausseehaus (= Grenzhof) - Ketelhut, Ausbau
Gemeindefläche in ha | 533 |
Wohnbevölkerung am 17.Mai 1939 | 1005 |
Zahl der Haushaltungen | 269 |
Zahl der Wohnhäuser 1925 | 70 |
Amtsbezirk | Ritzow |
Standesamtsbezirk | Ritzow |
Gendarmeriebezirk | Ritzow |
Amtsgerichtsbezirk | Stolp |
Gemeindevorsteher 1931 | Zaddach |
Bürgermeister 1937 | Bauer und Mühlenbesitzer Franz Zaddach |
Nächste Bahnstation | Stolp |
Entfernung | 2,5 km |
Bahnlinie | Stettin - Groß Boschpol - Danzig (Reichsbahn) |
Poststelle II | Ritzow |
Letzte postalische Anschrift | Ritzow über Stolp (Pom.) |
Schulze: Henning Reck. Bauern: Jochem Reck, 3. Martin Willer, 4. Christian Rahn sen., 5. Matthes Rahn, 6. Jürgen Willer, 7. Hanß Rahn, 8. Martin Rahn, 9. Christian Rahn jun., 10. Martin Rahn. Cossäth: Martin Rahn.
Wann das Dorf an die Stadt Stolp gefallen ist, wissen wir nicht. Um 1784 hatte es nach Brüggemann zehn Bauern mit dem Freischulzen, einen Kossäten, einen Schulmeister und insgesamt vierzehn Feuerstellen. Alteingesessene Bauern waren bis zuletzt vorherrschend. Im Jahre 1939 gab es in Ritzow 39 bäuerliche Betriebe:
16 mit 0,5 bis unter 5 ha
2 mit 5 bis unter 10 ha
11 mit 10 bis unter 20 ha
10 mit 20 bis unter 100 ha
Im letzten Güteradreßbuch sind als Bauernhofbesitzer aufgeführt:
Paul Domke | 23 ha | Johannes Rahn | 26 ha |
Ernst Manske | 23 ha | Wilhelm Rahn I | 24 ha |
Friedrich Manske | 39 ha | Wilhelm Rahn II | 24 ha |
Fritz Manske | 28 ha | Wilhelm Rahn III | 21 ha |
Ihr Viehbestand belief sich auf jeweils zwei bis fünf Pferde, bis zu 21 Stück Rindvieh, bis zu sieben Schafe und 14 bis 25 Schweine. Der durchschnittliche Grundsteuerreinertrag auf ein Hektar lag mit 10,96 RM fast doppelt so hoch wie im Kreisdurchschnitt.
Handel und Handwerk befanden sich in erfreulicher Aufwärtsentwicklung. Es sind hier zu nennen: die Kalksandsteinfabrik Carl Westphal (Zentrale in Stolp), die Ländliche Spar- und Darlehnskasse Ritzow EGmbH, der Architekt Hans Marschke, das Baugeschäft F. Gellert, Chemische und Technische Produkte E. Dobberstein, der Bäcker Willy Kaminsky, das Dachdeckungsgeschäft R. Harder, die Fleischer W. Adler, F. Köplin, E. Körber und Karl Willer, die Gasthöfe Gesellschaftshaus (Adolf Schmidt) und Viktoriagarten (Otto Friedrich), beides beliebte Ausflugslokale der Stolper am Wochenende, die Gemischtwarenhandlungen Margarete Druck und Max Pokriefke, die Mühle Franz Zaddach, die Schmiede Karl Ratzke, der Schneider E. Hoppe und der Stellmacher R. Mahn. Ritzow galt als wohlhabende Gemeinde.
Ritzow war evangelisch. Im Jahre 1925 hatte es acht Bewohner katholischer Konfession (1,1 v.H.). Es gehörte zu der St.-Petri-Kirche zu Stolp und damit zum Kirchenkreis Stolp-Altstadt. In der im Jahre 1932 dreistufigen Volksschule unterrichteten zwei Lehrer in drei Klassen 117 Schulkinder. Lehrer waren Heinrich Böhme, Zander und Ruth Fabritz.
In der Nacht zum 7. März 1945 gab der Ortsbauernführer in Ritzow bekannt, daß die Bevölkerung den Ort in Richtung Danzig verlassen sollte. Doch nur ein kleiner Teil der Bewohner, etwa 150 an der Zahl, machten sich im Treck auf die Flucht. Es ging über Schmaatz, Lübzow, Freist, Beckel, Schwerinshöhe nach Vietkow und Virchenzin. Dort wurde der Treck von den Russen überrollt. Die Geflohenen kehrten nach Hause zurück. "Auf der Rückfahrt wurden die Fuhrwerke vollkommen ausgeplündert, zum Teil auch die Pferde fortgenommen und die Frauen geschändet." Ritzow wurde gegen Mittag des 8. März von den Russen besetzt. Im Ort waren viele Flüchtlinge, aber auch "Bombenevakuierte" aus Duisburg, Wanne-Eickel und Bremen (30 Personen) zurückgeblieben. Schon im April kamen die ersten Polen nach Ritzow und drangen gewaltsam in die Häuser und Wohnungen ein. Die Vertreibung der Dorfbewohner begann. Eine solche Vertreibungsaktion erfolgte u. a. im November 1946. Die Heimatortskartei Pommern hat später 530 vertriebene Dorfbewohner in der Bundesrepublik Deutschland und 133 in der DDR ermittelt. Die Polen, die Ritzow als Kriegsbeute in Besitz genommen haben, nannten es Ryczewo und gemeindeten es in die Stadt Stolp ein.
Kriegs- und Vertreibungsverluste: 25 Gefallene, 20 Ziviltote und 126 Vermißte ("ungeklärte Fälle").
(Quelle: "Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel)
(Quelle: BBF / DIPF / Archiv, Sammlungen der Gutachterstelle des BIL. Lehrerkartei und Personalbögen.)