Einige Angaben über die Gemeinde Freist aus der Zeit vor 1945 in Kurzform:
Gemeindefläche in ha | 1103 |
Wohnbevölkerung am 17.Mai 1939 | 484 |
Zahl der Haushaltungen | 112 |
Zahl der Wohnhäuser 1925 | 64 |
Amtsbezirk | Lübzow |
Standesamtsbezirk | Lübzow |
Gendarmeriebezirk | Lübzow |
Amtsgerichtsbezirk | Stolp |
Gemeindevorsteher 1931 | Voß |
Bürgermeister 1937 | Landwirt Albert Daske |
Nächste Bahnstation | Karzin |
Entfernung | 3,5 km |
Bahnlinie | Stolp - Dargeröse (Kreisbahn) |
Poststelle II | Freist |
Letzte postalische Anschrift | Freist über Stolp (Pom.) |
Besitzer: Heinrich Werner von Gutzmerow. Bauern à ⅓ Lh.: 1. Jacob Lämbke sen., 2. Lucas König, 3. Pagel Rönnhack. Halbbauern à ⅓ L.: 1. Michel Lämbke, 2. Matthias Bandemer. Cossäthen: 1. Jürgen Rönnhack, 2. Hanß Grade, 3. Jacob Lämbke jun., 4. Matthias Woggen. - Es liegt dabey ein Ackerwerck, Kämpen genandt, so auf einer wüsten Feldmarck lieget. (Keine Bauern.)
11 mit 0,5 bis unter 5 ha
16 mit 5 bis unter 10 ha
8 mit 10 bis unter 20 ha
Über Handel, Handwerk und Gewerbe gibt das Reichsadreßbuch 1941/42 Auskunft. Dort sind verzeichnet: die Ländliche Spar- und Darlehnskasse Freist EGmbH, der Bäcker Max Heyer, das Baugeschäft Paul Albrecht, die Brennerei W. Anhalt, die Fahrradhandlung M. Heinz, der Gasthof Willy Gerson, die Kolonialwarenhandlung Olga Kamin, die Mühle Fritz Kanz, die Schmiede Friedrich Massel und die Schneider R. Schröder und Frz. Stork.
Im Jahre 1493 waren Johann Junghen und Dionysius Molner Pfarrer in Freist. Die Dörfer Roggatz und Schwuchow waren früher zu der Altstädtischen Kirche in Stolp eingepfarrt und das Dorf Beckel zu der Gardischen Kirche. Nach der Verordnung des Herzogs Johann Friedrich von 1590 wurden diese Dörfer der Freistschen Kirche zugeteilt. Freist gehörte bis etwa 1700 zum wendischen Distrikt, wurde dann aber dem deutschen Distrikt zugeteilt, "weil der größte Theil der Gemeinde Teutsche sind und kaum noch wenige Casuben oder Wenden in dem Dorf Bekell übrig sind, so nebst ihrer Sprache auch gut teutsch reden und verstehen können". In den letzten hundert Jahren vor der Vertreibung haben in Freist als Pastoren gewirkt:
Hermann Karl Anton Zollfeldt | 1837-1849 |
Wilhelm August Ludwig Paus | 1849-1886 |
Heinrich Wilhelm Martin Schramm | 1887-1889 |
Johann Eugen Gustav Wenzlaff | 1890-1911 |
Friedrich Gustav Brinckmann | 1912-1914 |
Georg Stephani | 1914-1926 |
Unbesetzt | 1927 |
Reinhold Roll | 1928-1945/46 |
Das Kirchspiel Freist hatte 1940 fünf eingepfarrte Ortschaften bzw. Ortsteile mit zusammen 1485 Gemeindemitgliedern. Eingepfarrt waren Beckel, Lübzow und RogĀgatz (mit Kuckow) und aus der Gemeinde Schmaatz die Ortsleile Schwuchow und Seddin. Patron war der Rittergutsbesitzer Anhalt-Kempen-Freist. Als Kirchspiel gehörte Freist zum Kirchenkreis Stolp-Altstadt. Die Bevölkerung war evangelisch. Im Jahre 1925 gab es in Freist einen Bewohner katholischer Konfession (0,2 v.H.).
Freist hatte im Jahre 1932 eine dreistufige Volksschule mit drei Klassen und zwei Lehrern, die 79 Schulkinder unterrichteten. Als Lehrer waren hier Jaeckel, Gliewe und Otto Hoffmann tätig.Freist konnte vor der Besetzung durch die Russen nicht mehr geräumt werden. Die Chaussee nach Zezenow war voll von Treckfahrzeugen, die ostwärts zogen. Gegen 14 Uhr des 8. März 1945 kam eine SS-Einheit durch den Ort, die den Russen noch bei Lübzow Widerstand geleistet hatte. Nachdem zwei letzte SS-Soldaten in schneller Fahrt auf einem Fahrrad durch den Ort gekommen waren, gab es eine Viertelstunde Ruhe. Dann ging russische Infanterie vorsichtig gegen das Dorf vor und nahm Freist kampflos in Besitz. Es folgten Soldaten zu Pferde und mit Pferdewagen und später Panzer. Das Dorf war voll von Flüchtlingen, vor allem aus Stolp. Es kam zu den nach der Besetzung üblichen Szenen. "An Mißhandlungen sind an erster Stelle die Vergewaltigungen tags und nachts zu nennen, denen jedes weibliche Wesen zwischen zehn bis 80 (Jahren) ausgesetzt war." Nach einigen Tagen wurden mehrere Bewohner, darunter der Bürgermeister Albert Daske und der Gutsinspektor Heidemann, verschleppt. Letzterer blieb verschollen, wie viele andere auch. Etwa drei Wochen lang kamen von dem benachbarten Gut Karzin Soldaten herüber und plünderten die Häuser aus. Am 30. März 1945 mußten die Bewohner Freist vorübergehend verlassen. Einige suchten in Vessin. andere in der Schäferei Tulemeiershof Zuflucht. Als sie zurückkehrten, waren Rinder und Schweine und alles Vieh weggetrieben und die Wohnungen ausgeplündert. Im Sommer 1945 übernahmen die Polen das Dorf. Zuerst erschien ein einzelner Pole im Ort und erklärte, er sei zum Bürgermeister eingesetzt. Andere folgten. Die großen Mühlen in Freist und Beckel behielten die Russen und ebenso zunächst die Brennerei des Gutes Freist, die aber im November den Polen übergeben wurde. "Die dauernden Plünderungen und Belästigungen durch die Russen hörten mehr und mehr auf, und an ihre Stelle traten die Schikanierungen, Diebstähle und teilweise sogar Mißhandlungen von seiten der Polen." Gezielt gingen die Polen gegen Pastor Roll vor. Es erging ein Verbot jeglichen Konfirmandenunterrichts für das Winterhalbjahr 1945/46. Im Juni 1946. in der Nacht vom 7. zum 8., wurde der Pastor mit seiner Frau und Tochter von einem bewaffneten Kommando polnischer Polizei abgeholt und in einem großen Vertreibungstransport mit 3000 Menschen von Stolp aus über die Oder transportiert. Die Heimatortskartei Pommern hat später 186 Dorfbewohnerin der Bundesrepublik Deutschland und 148 in der DDR ermittelt. Aus Freist wurde das polnische Wrzeście. Im Jahre 1951 gab es noch zehn deutsche Arbeiter- und Handwerkerfamilien, die dort gegen ihren Willen festgehalten wurden.
Kriegs- und Vertreibungsverluste: 25 Gefallene, 5 Ziviltote und 36 Vermißte ("ungeklärte Fälle").(Quelle: "Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel)
(Quelle: BBF / DIPF / Archiv, Sammlungen der Gutachterstelle des BIL. Lehrerkartei und Personalbögen.)