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Klein Machmin



Als eine besonders idyllische Ortschaft des Landkreises hat Helene von Zitzewitz die nördlich von Stolp nahe der Ostsee gelegene Gemeinde beschrieben: "Die Lage von Machmin war berückend schön. Das Gutshaus lag dicht umgeben von großen Rasenflächen mit alten Baumgruppen, in englischem Stil gehalten. Das wellige Terrain ging in 200 Morgen parkartig gehaltenen Wald über, den Wiesen umgaben, auf denen die Rehe ästen und im Herbst die Hirsche schrien . . . Durch 4 ½ km Feld- und Waldgelände gelangte man an die geliebte Ostsee. Bis an den Rand der Steilküste reichte der Buchenwald und ohne Dünengelände kletterte man hinab an den sehr breiten schneeweißen Strand, den die Wellen umspülten." - Von Stolpmünde aus führte die Chaussee in etwa der Küste folgend ostwärts über Klein Machmin zum Garder-See.

Einige Angaben über die Gemeinde Klein Machmin aus der Zeit vor 1945 in Kurzform:

Zugehörige Ortsteile: (9) Agathonshof-Alte Schäferei-Alt Strand-Jagen (Jaggork)-Langebusch-Mühle-Neu Strand-Waldhof (Poddamp)-Rettfang

Gemeindefläche in ha 1490
Wohnbevölkerung am 17.Mai 1939 434
Zahl der Haushaltungen 107
Zahl der Wohnhäuser 1925 55
Amtsbezirk Weitenhagen
Standesamtsbezirk Weitenhagen
Gendarmeriebezirk Stolpmünde
Amtsgerichtsbezirk Stolp
Gemeindevorsteher 1931 Villmow
Bürgermeister 1937 Bauer Alwin Below
Bahnstation Klein Machmin
Entfernung -(ab Gabel 11,9 km, ab Stolpmünde 10,9 km)
Bahnlinie Gabel-Stolpmünde (Kreisbahn)
Poststelle II Klein Machmin
Letzte postalische Anschrift Klein Machmin über Stolp (Pom.)

Der historischen Dorfform nach ist Klein Machmin ein kleines Gassendorf. Die Lehnsbriefe für die Familie von Ramel datieren von 1506, 1547 und 1568. Im Jahre 1677 ging Klein Machmin durch Heirat auf Matthias von Zastrow über. Die Hufen-Klassifikation von 1717 enthält die Eintragung:

Besitzer: Capitain Philipp Heinrich von Zastrow, Bauern à ½ Lh.: 1. Jochim Gurgel, 2, Jürgen Hopp, 3. Thomas Ziepke, 4. Erdtmann Ziepke, 5. David Ziepke, 6. Gregor Hopp. Cossäthen: 1. Christian Haß, 2. Michel Hopp, 3. Heinrich Ziepke.

Der Hauptmann Philipp Heinrich von Zastrow verkaufte Klein Machmin 1720 an Matthias Christian von Below, und bis 1804 befand es sich im Besitz dieser Familie. Nach Brüggemann hatte es 1784 ein Vorwerk, sieben Bauern, drei Kossäten, eine Schmiede, einen Schulmeister, auf der Feldmark des Dorfes die Vorwerke Dorotheental und Charlottenhof, den sogenannten alten und neuen Strand, wovon der erstere aus vier nahe der Ostsee gelegenen Fischerkaten und der andere aus verschiedenen Kolonistenwohnungen bestand, insgesamt 52 Feuerstellen. Neu Strand ist ein von Friedrich dem Großen gegründetes Kolonistendorf. Nach der Gründungsurkunde von 1772 wurden auf dem zum Gut Klein Machmin gehörigen Terrain zwölf Kossäten angesetzt. Es kam zu langjährigen Auseinandersetzungen mit der Gutsherrschaft. Um das Jahr 1840 sollen die Kolonisten von ihren Höfen vertrieben worden sein. Weitere Prozesse folgten gegen Krahmer und 1866 gegen den Gutsbesitzer Eduard Petersen, der Klein Machmin 1852 für 56500 Taler gekauft hatte. Beide mußten das Eigentum der Kolonisten an den "Meliorationskossätenstellen" anerkennen. Dann gingen Klein Machmin und Schönwalde 1901 auf den Landrat Maximilian von Puttkamer über. Er hat mit viel Kosten den Forst durch lange Entwässerungsgräben verbessert, in Schönwalde die Brennerei und großartige Ställe, Scheunen und Speicher erbaut. Im Jahre 1910 kauften Graf Wilhelm von Zitzewitz und sein ältester Sohn Heinrich Klein Machmin und Schönwalde. Der jüngste Sohn Dr. Günther von Zitzewitz, erhielt die Güter zunächst zur Bewirtschaftung. "Im Jahre 1910 siedelten wir nach Klein Machmin über", schreibt seine Frau Helene. "Feierlich wurden wir an der Bahn abgeholt in einer a la Deaumont kutschierten prachtvollen Equipage, die Oberpräsident v. Puttkamer seinerzeit in Stettin für den Besuch der Kaiserin angeschafft und dann später nach Machmin überführt hatte." Zwei Jahre später verkaufte Wilhelm seinen Anteil seinem Sohn Günther und dieser verglich sich mit seinem Bruder über die andere Hälfte. So war Günther 1945 der letzte Besitzer. Er modernisierte das Herrenhaus, Iegte eine breite Freitreppe in den Garten an, er meliorierte große Flächen durch Ziehung von Gräben, baute ein elektrisch betriebenes Pumpwerk und erweiterte die Jagdfläche auf 1200 Morgen.


"Neben seinen Pflichten als Gutsherr, wobei ihm die Forstwirtschaft mehr lag als der reine Ackerbau, pflegte er vielseitige Interessen. Vor allem der Musik - er spielte selbst Cello - gehörte seine Passion und viel Verständnis. Seiner künstlerisch ausgebildeten Frau war er ein strenger, aber geliebter Kritiker. Mit feinem Kunstsinn wählte er auf Ausstellungen wertvolle Gemälde für das Machminer Heim. Mußestunden fanden ihn häufig bei der Lektüre guter Literatur aus allen Bereichen" (Angelika und Jürgen von Zitzewitz). Im Jahre 1938 hatte das Rittergut eine Gesamtfläche von 1036 ha. Davon waren 466 ha Ackerland, 49 ha Wiesen, 508 ha Holzungen und 13 ha Unland, Hofraum und Wege. Zum Gut gehörten 42 Pferde, 135 Stück Rindvieh, 150 Schafe und 150 Schweine. Außer dem Gut gab es in Klein Machmin 39 landwirtschaftliche Betriebe, die sich wie folgt zusammensetzten:

6 mit 0,5 und unter 5 ha
14 mit 5 und unter 10 ha
15 mit 10 und unter 20 ha
4 mit 20 und unter 100 ha

Im Ietzten Güteradreßbuch sind als Bauernhofbesitzer verzeichnet: Bürgermeister Alwin Below mit 26 ha, Georg Krauß mit 22 ha und Emil Noffke mit 23 ha. Der Bauer Below hatte mit zwei Pferden, zehn Stück Rindvieh und 25 Schweinen auch den größten Viehbestand. Der durchschnittliche Grundsteuerreinertrag auf ein Hektar lag mit 6,22 RM im Kreisdurchschnitt (5,95 RM).

In Klein Machmin hatte die Ländliche Spar- und Darlehnskasse Weitenhagen EGmbH ihren Sitz. Es gab die Gutshöfe Marta Hildebrand, Paul Leck und Auguste Zilm, die Mühle Hildebrandt, den Schneider Manske und den Tischler K. Pawelke. In einem Verzeichnis aus dem Jahre 1931 wird als Gastwirt in Neu Strand Frahmke genannt.



Über Neu Strand schrieb G. Semprich im Jahre 1936 in der "Ostpommerschen Heimat", einer Beilage der Zeitung für Ostpommern: "Und in all dieser Schönheit findet der Naturfreund ein kleines Dorf, das im Mittelpunkt dieser Gegend liegt: Neu Strand, das rings umgeben ist von großen Wäldern. Steil fällt hier die Küste ab zum Meer. Neu Strand wird wohl den meisten Stolpern nicht unbekannt sein. Frieden Iiegt über dem Dörfchen, aber hart und schwer ist hier die Arbeit." Das idyllische Fischerdorf Neu Strand war für die Feriengäste der Inbegriff aller Urlaubsfreuden. Der kleine Ort bestand nur aus wenigen Häusern, die alle mit ihren teils rohrgedeckten Dächern an einer Seite der sandigen Dorfstraße Iagen. Lieselotte Albrecht erinnert sich: "Schon einige Wochen, bevor die ersten Feriengäste nach Neu Strand kamen, herrschte in allen Häusern ein emsiges Leben und Treiben. Die Fischer zogen mit ihren Familien in die Sommerhäuser, wo sie dann meistens nur ein Zimmer und die Küche bewohnten. Jeder verfügbare Raum wurde für die Sommergäste freigemacht. Nach dem Umzug ging es an das Großreinemachen. Die Küche wurde geweißt, die Gardinen gewaschen, der Fußboden geschrubbt, und wenn die ersten Gäste kamen, blitzte alles vor Sauberkeit. In der Wahl der Gäste waren die Neu Strander sehr konservativ. Alle hatten jahrelang "ihre" Gäste, und es wäre unvorstellbar gewesen, daß einmal einer seine Wohnung an einen Fremden vermietet hätte, auch wenn dieser ihm einen höheren Mietpreis geboten hätte. Dadurch, daß immer dieselben Leute zu den Fischern kamen, hatte sich zwischen Einheimischen und Gästen eine wahre Freundschaft und tiefe Verbundenheit herausgebildet."

Alle Dorfbewohner waren evangelisch. Klein Machmin gehörte zum Kirchspiel Weitenhagen und damit zum Kirchenkreis Stolp-Stadt. In der im Jahre 1932 einstufigen Volksschule unterrichtete ein Lehrer 68 Schulkinder. Als Lehrer werden Ziemer und Gertrud Bublitz genannt.

Anfang Januar 1945 wurden in Klein Machmin erste Räumungsvorbereitungen getroffen. Doch als die Russen kamen, konnten sich nur zehn Bewohner mit dem Schiff über Stolpmünde und Danzig retten. Die Frau des Gutsbesitzers verließ mit ihren Angehörigen Machmin in einem Wehrmachtsauto am 3. März. Günther von Zitzewitz harrte weiter aus. Am Tage vor der Besetzung waren sämtliche Straßen verstopft. Die Tracks kamen in den letzen 24 Stunden nur fünf bis sechs Kilometer voran. Die letzten deutschen Soldaten waren Kanoniere der Flak und Angehörige des Volkssturms vom Schießplalz Stolpmünde. "Am frühen Vormittag des 9. März zogen dann die ersten russischen Truppen in östlicher Richtung durch Klein Machmin. Es waren Infanterie und Panzerabwehr. Kämpfe fanden nicht statt . . ." Zu dieser Zeit war das Dorf voller Flüchtlinge. An den folgenden Tagen kam es immer wieder zu Plünderungen und Vergewaltigungen. Russische Kommandos verschleppten mehrere Dorfbewohner, vom denen einige zurückkehrten. Auch Rittergutsbesitzer von Zitzewitz wurde in Stolp im Magazin eingekerkert. Am 26. Mai 1945 ist er im Hospital St. Spiritus gestorben. Die Schule wurde teilweise zerstört. Ende März mußten die Bewohner den Ort verlassen, weil er innerhalb der militärischen Sperrzone an der Ostsee lag. Die Evakuierten zogen zehn Kilometer südwärts und kamen vorübergehend auch nach Stolp, wo sie in die Kasernen an der Gumbiner Chaussee eingewiesen wurden, die auch von Soldaten belegt waren. Im Mai durften alle wieder nach Hause. Die polnische Besetzung begann am 1. August 1945 mit der Einsetzung eines Bürgermeisters, eines polnischen Amtsvorstehers und dem Erscheinen polnischer Miliz. Bis Ende 1945 ließ sich auf jedem Hof eine polnische Familie nieder. "Die Ausplünderung wurde durch die Polen verstärkt fortgesetzt". Druck und Terror im Dorf nahmen seit Ende 1945 immer mehr zu. Im Juni 1946 wurden die ersten Deutschen aus Klein Machmin abtransportiert. Nach der wochenlangen Unterdrückung empfanden die Dorfbewohner die Vertreibung aus ihrer Heimat fast schon als Erlösung. Bis Ende 1946 mußte etwa die Hälfte der Bewohner das Dorf verlassen, unter ihnen auch Bürgermeister Below. Ein Transport ging am 15. Dezember 1946. Im Jahre 1952 gab es in Klein Machmin noch 71 Deutsche. Darunter waren zehn deutsche Familien aus Saleske, die man zwangsumgesiedelt hatte, damit sie das Gut bewirtschafteten. Es gab 1952 eine deutsche Schule, die etwa fünf Jahre bestanden hat. Die Heimatortskartei Pommern ermittelte später 253 Bewohner in der Bundesrepublik Deutschland und 157 in der DDR. Aus Klein Machmin wurde Machowinko.

Kriegs- und Vertreibungsverluste: 14 Gefallene, 10 Ziviltote und 24 Vermißte ("ungeklärte Fälle").

Literatur
Albrecht, Lieselotte: Neu Strand, ein nie zu vergessendes Ferienparadies. In: Stolper Heimatblatt 1958, S 199-200
Alwin Below - Kleinmachmin: In: Stolper Heimatblatt 1961, S. 396
Gedenkbuch der Familie von Zitzewitz, S. 76-77
Landbesitz der Familie von Zitzewitz, S. 67-72
E. v. Puttkamer, Geschichte des Geschlechts v. Puttkamer, S 699
P. Sch.: Die Kolonisten von Neu Strand. In: Ostpommersche Heimat 1931, Nr. 30
Semprich, G.: Neu Strand, das Paradies an Pommerns Ostseeküste. In: Zeitung für Ostpommern v. 1. Aug 1936. Abdruck in: Stolper Heimatblatt 1952, Nr. 7
v. Zitzewitz, Familienchronik, S. 170, 172, 176f., 182
Ost-Dok. 1 Nr. 173, pag. 257-260
Ost-Dok. 2 Nr. 153, pag. 718-738
Aus der Heimat. In: Stolper Heimatblatt 1951, Nr. 10

(Quelle: "Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel)

(Quelle: BBF / DIPF / Archiv, Sammlungen der Gutachterstelle des BIL. Lehrerkartei und Personalbögen.)